Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 47. Sitzung / Seite 47

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heterosexuellen und bei lesbischen Sexualkontakten gilt, und daß bei männlicher Homosexualität ein Schutzalter von 18 Jahren normiert ist. Umgekehrt heißt das, daß sich ein Erwachsener, der mit einem unter 18jährigen jungen Mann sexuelle Kontakte aufnimmt, in Gefahr begibt, eine Strafe zu bekommen, wobei die Strafdrohung von maximal fünf Jahren ja nicht gerade gering ist.

Nun haben wir im Vorfeld – unter anderem auch im Unterausschuß und im Hearing, das dieser Unterausschuß aufgrund der drei Anträge der drei Fraktionen veranstaltet hat – sehr ausführlich mit den Expertinnen und Experten darüber diskutiert, ob die Diskriminierung dieser angesprochenen Gruppe deshalb gesellschaftlich und daher auch vom Gesetzgeber akzeptabel sein könne, weil es notwendig sei, die Gruppe der 14- bis 18jährigen jungen Männer vor solchen homosexuellen Sexualkontakten zu schützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es uns nicht leichtgemacht, sondern mit großer Ernsthaftigkeit diese Frage mit den Experten diskutiert. Ich werde jetzt, wenn Sie erlauben, einige Aussagen aus diesem Expertenhearing zitieren.

Wir haben zum Beispiel in diesem Unterausschuß Herrn Universitätsprofessor Dr. Max Friedrich gehört, der gesagt hat, daß er seine Stellungnahme sowohl als biologisch orientierter Arzt als auch als gerichtlich beeideter Sachverständiger in Fragen der Kinder- und Jugendpsychiatrie abgibt. All jene, die auf diesem Gebiet tätig sind, wissen, daß Herr Professor Friedrich ein ernstzunehmender, ernsthafter Experte ist, der für die Kinder, für die Jugendlichen da ist und auf ihrer Seite steht.

Professor Friedrich hat folgendes dazu gesagt: Die Ausnützung einer Zwangslage oder der Autorität, Gewalt gegen Unreife und Ausnützung von Unreifen werden ohnehin entsprechend geahndet. Es gebe im Gesetz genug Schutzparagraphen außerhalb des § 209. Er sei gegen die Diskriminierung und dafür, daß man den § 209 streicht.

Dazu füge ich in Parenthese folgendes an, um Mißverständnisse oder andere absichtlich oder unabsichtlich in diese Diskussion gebrachte Unrichtigkeiten zu widerlegen: Ich halte fest, daß im Falle der Streichung des § 209 selbstverständlich so wie bisher der Mißbrauch von Autoritätsverhältnissen, die Kuppelei, die sexuelle Nötigung und Vergewaltigung unverändert strafbar bleiben. Ich meine, es wäre fair und im Sinne der Sache, wenn alle, die dieses Thema diskutieren, das auch in ihren Argumenten akzeptieren würden! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Des weiteren möchte ich eine Aussage der Präsidentin des Österreichischen Aids-Komitees zitieren. Frau Dr. Judith Hutterer sagte unter anderem: Aufklärung und Information können nur in einem vertrauensvollen, offenen Verhältnis stattfinden. Mit Kriminalisierung schafft man nur Angst. Der § 209 ist vom rein medizinischen und epidemiologischen Standpunkt her schädlich.

Der evangelische Theologe Universitätsprofessor Dr. Kurt Lüthi bringt seinen Wunsch zum Ausdruck, daß Österreich die europäischen Standards endlich erreichen möge. Sexueller Mißbrauch werde durch das Strafrecht ohnedies weiterhin entsprechend geahndet. Die Synoden und Gemeindevertretungen der evangelischen Kirche haben sich die Aufgabe gestellt, zu einer größeren Toleranz gegenüber Homosexualität zu finden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich füge hinzu: Wenn Universitätsprofessor Dr. Lüthi seinem Wunsch Ausdruck verliehen hat, daß Österreich die europäischen Standards endlich erreichen möge, so hat uns Universitätsprofessor Dr. Manfred Nowak, der ein Völkerrechtler ist, im Hearing im Unterausschuß erläutert, es gehe nicht nur darum, daß schon seit dem Jahre 1981 mehrere Resolutionen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates existieren, in denen die Mitgliedsstaaten aufgefordert werden, das Mindestschutzalter für heterosexuelle und homosexuelle Sexualkontakte gleichzusetzen, sondern darüber hinaus auch um verbindliche Rechtsstandards. Dieser anerkannte Völkerrechtler hat uns in diesem Hearing weiters erklärt, es gehe auch um die Europäische Menschenrechtskonvention und um ähnliche Konventionen. Die Europäische Menschenrechtskonvention ist verbindliches Verfassungsrecht in Österreich, und diese drei hier diskutierten Paragraphen widersprechen den Bestimmungen


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