Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 47. Sitzung / Seite 52

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14 Jahre alt ist, nichts mehr geht. Das sind alles Dinge, die das Leben des einzelnen, seine höchstpersönlichen subjektiven Rechte, seine Persönlichkeitsentwicklung betreffen.

Wir haben eine Grenze gesetzt: Ab dem 14. Lebensjahr ist der junge Mensch eigenverantwortlich. Einen einzigen Bereich haben wir ausgespart: jenen der homosexuellen Männer, die sich sexuell nicht selbst bestimmen dürfen.

Nun frage ich Sie: Können Sie widersprechen, wenn ich behaupte, daß die Sexualität das wohl Ureigenste einer Persönlichkeit ist? Sie machen die Menschen strafmündig, deliktfähig, testierfähig und vieles mehr – ihre Sexualität aber lassen Sie sie nicht selbst bestimmen.

Ich weiß schon, daß das Argument kommt, man könne verführt werden. Ich will ja gar nicht allen Unredlichkeit in der Argumentation unterstellen. Es sind sogar viele, die diesen Antrag stellen, auch davon überzeugt, daß das richtig ist. Ich würde mir deshalb wünschen, daß jene, die sich schon damit auseinandergesetzt haben, auch jetzt darüber nachdenken, welche Argumente für sie schwerer wiegen. Verführung ist etwas – das ist wissenschaftlich erwiesen –, das nicht gegen etwas passieren kann, was nicht in einem selbst schon enthalten ist. Das heißt, wenn die entsprechende Orientierung nicht vorhanden ist, kann nicht dazu verführt werden.

Ein weiteres Argument, das immer wieder Verwendung findet, ist das Argument des Zeitpunktes. Wenn Sie sagen, ein Mensch weiß es halt mit 14 Jahren noch nicht, aber mit 16 oder 18 Jahren weiß er es – Sie nicken, Kollegin Ridi Steibl –, dann frage ich Sie: Welchen Sinn soll es haben, verhindern zu wollen, daß jemand schon früher weiß, wie er sexuell orientiert ist? Welchen Sinn macht es, daß der Staat Menschen daran hindern will, früher ihre Identität zu erkennen? – Das ist doch der eigentliche Punkt der Angelegenheit. Wollen wir nicht eine Gesellschaft, in der die Menschen gemäß ihrer Identität leben können?

Es ist erwiesen, daß Menschen ihre Identität nicht mehr verändern. Die einzige noch offene Frage ist, ob die sexuelle Orientierung eine fixe Veranlagung ist oder ob sie in den frühesten Kindesjahren erfolgt. Daß sexuelle Orientierung aber nicht später erfolgt, ist erwiesen. Es geht also nur noch um das Erkennen der eigenen Orientierung.

Wollen Sie das tatsächlich verhindern? Wissen Sie, welche Gesellschaft Sie damit schaffen? Haben Sie sich mit diesen Menschen einmal auseinandergesetzt, damit, welches Leben diese Menschen in einer Gesellschaft führen müssen, in der ihnen oktroyiert wird, daß das etwas Falsches sei, in der sie glauben, sie müssen eine andere Identität leben als die, die eigentlich in ihnen drinnen ist? Wissen Sie, was das für einen Menschen bedeutet? – Genau darum geht es, nur darum! (Beifall beim Liberalen Forum, bei Abgeordneten der SPÖ und bei den Grünen.)

Kollege Kukacka! Wir alle wollen einen Schutz aufbauen gegen Nötigung, gegen Vereinnahmung, gegen Gewalt. Dafür haben wir Bestimmungen, und wir brauchen sie. Ich werde nicht einen Finger rühren, um an diesen Bestimmungen etwas zu ändern, denn sie sind notwendig, Sie aber wollen das Erkennen der eigenen Identität so weit wie möglich hinausschieben!

Ich möchte nun einen Priester zitieren – ein, wie ich meine, sehr kluges Zitat – und gehe damit über vom Begriff des Jugendlichen zum Schutzbedürfnis. Bevor wir die Bestimmungen festlegen, müssen wir zuerst einmal wissen, wovor wir schützen wollen. Und zu diesem Schutzbedürfnis ein Wort: Glauben Sie wirklich, daß man Menschen vor Homosexualität schützen muß? Meinen Sie das wirklich? – Nichts anderes drücken Sie damit aus. (Abg. Mag. Kukacka: Vor sexuellen Übergriffen!)

Nun das Zitat, das ich bringen wollte: "Für die Zukunft der Gesellschaft ist es von entscheidender Bedeutung, die Fähigkeit zur Intimität zu fördern." Dieser Meinung bin auch ich. Ich glaube, wenn wir über den Zustand dieser Gesellschaft jammern, muß man beim Individuum beginnen, dort, wie dieses Individuum zu sich selbst findet, um auch Verantwortung für andere übernehmen zu können. Nur dann funktioniert das. Alles andere sind Regeln, die auf dem Papier stehen und nie mit Leben erfüllt werden können. Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie den Menschen Gelegenheit dazu geben, so zu leben, wie sie selbst orientiert sind und ihre eigene Identität empfinden.


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