Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 47. Sitzung / Seite 59

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und 221 StGB vorgeschlagen und die Bestimmung des § 209 zur Diskussion gestellt wurde, hat es eine breite rechtspolitische Debatte zur Frage der Notwendigkeit besonderer Strafbestimmungen im Bereich der Homosexualität gegeben. Nicht zuletzt durch das in der XIX. Legislaturperiode stattgefundene, höchstrangig besetzte Expertenhearing im Unterausschuß des Justizausschusses wurde eine ausgezeichnete Grundlage für eine nüchterne und sachliche Beurteilung der heute anstehenden Fragen geschaffen.

Im Mittelpunkt der Diskussion steht zweifellos § 209 StGB. Hiezu möchte ich zunächst auch meinerseits nochmals darauf hinweisen, daß bei einer Streichung des § 209 StGB die Strafandrohung gegen den Mißbrauch eines Autoritätsverhältnisses, also die Ausnützung der Stellung als Erziehungs-, Ausbildungs- oder Aufsichtsberechtigter eines Minderjährigen zu sexuellen Handlungen, bestehenbleibt – selbstverständlich auch die unveränderte Strafbarkeit aller Tatbestände, bei denen Gewalt oder Nötigung im Spiel ist.

Auch soll nicht übersehen werden, daß die Beibehaltung eines unterschiedlichen Schutzalters für hetero- und homosexuelle Handlungen durchaus nicht mehr dem europäischen Rechtsstandard entspricht. Schon vor einigen Jahren haben sich sowohl die Parlamentarische Versammlung des Europarats als auch das Europäische Parlament dafür ausgesprochen, für homosexuelle Handlungen dasselbe Schutzalter wie für heterosexuelle vorzusehen. Dieser Aufforderung sind in den letzten Jahren mehrere europäische Staaten, die noch ein unterschiedliches Schutzalter vorsahen, gefolgt.

Im übrigen dürfen wir bei internationalen Vergleichen nicht unberücksichtigt lassen, daß aufgrund unseres strengen Legalitätsprinzips die Festsetzung von Altersgrenzen und Tatbestandsumschreibungen eine in höherem Maße die Strafverfolgung präjudizierende und abschließend determinierende Wirkung hat als in Ländern, in denen bei der Strafverfolgung das Opportunitätsprinzip gilt.

Hohes Haus! Wir sollten in Österreich bei der sehr spezifischen Diskussion über die Erfordernisse des strafrechtlichen Schutzes männlicher Jugendlicher nicht aus den Augen verlieren, daß die anstehende Entscheidung auch eine sehr grundsätzliche rechts- und demokratiepolitische Bedeutung hat. Nicht nur von den durch diese Strafbestimmungen Betroffenen wird deren Beibehaltung oder Abschaffung ein hoher Symbolwert und eine gewisse Signalwirkung über den Umgang mit einer – in diesem Fall durch ihre sexuelle Orientierung definierten – Minderheit zugemessen.

Ich meine, daß die Diskussionen seit der Regierungsvorlage des Strafrechtsänderungsgesetzes 1994 keine Ergebnisse gezeitigt haben, die ein Abgehen von dem damaligen Vorschlag der Bundesregierung, die §§ 220 und 221 StGB ersatzlos zu streichen, nahelegen, und das Expertenhearing im parlamentarischen Unterausschuß gute Gründe dafür aufgezeigt hat, auch § 209 StGB zu streichen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Zur Beschlußfassung steht heute auch die Strafvollzugsgesetznovelle 1996. Mit ihr wird die mit der Strafvollzugsgesetznovelle 1993 begonnene Reform des Strafvollzuges unter den Gesichtspunkten Modernisierung, Effizienzsteigerung, Erhöhung der Sicherheit fortgesetzt. Schwerpunkte dieser Novelle sind einerseits die gesetzliche Verankerung einer nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ausgerichteten Innenrevision, die auch zur Initiierung notwendiger Verbesserungen im Strafvollzug beitragen soll, andererseits die Präzisierung und Erweiterung der Befugnisse der Strafvollzugsbediensteten.

Dieses Vorhaben stellt einen weiteren wesentlichen Punkt in einer ganzen Reihe von in den letzten Jahren gesetzten Maßnahmen dar, die Sicherheit im Strafvollzug zu optimieren. Dies haben wir in der Überzeugung getan, daß die Gewährleistung der Sicherheit im Strafvollzug prioritäres Ziel zu sein hat. Daß mit der Sicherheit im Strafvollzug aber auch das Vollzugsklima und die Entlassungsperspektiven gewichtig zu tun haben, hat Herr Abgeordneter Dr. Ofner zu Recht herausgestellt, und ich teile die Meinung, daß in diesem Zusammenhang auch einer nicht unnötig restriktiven Handhabung der Möglichkeiten bedingter Entlassung, die im übrigen auch Auflagen für die Probezeit vorsehen, große Bedeutung zukommt.


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