Das ist, glaube ich, eine Rechtsvorschrift, die – und im Unterausschuß war das, so habe ich mir berichten lassen, bei den Expertenhearings eindeutig erkennbar – zur Folge hat, daß es zu einer psychischen Deformation der Betroffenen kommen kann, und sie ist damit eine Strafbestimmung, die menschenrechtswidrig ist. Wir machen uns meiner Meinung nach selber zu Tätern, wenn wir diese Bestimmung nicht abschaffen. (Beifall beim Liberalen Forum.)
Ich will den Kolleginnen und Kollegen, die da in ihrer Meinungsbildung noch schwanken, die meinen, man müsse den Status quo aufrechterhalten, keine böse Absicht unterstellen, aber offenbar sind doch viel zu viele dazu bereit, das in Kauf zu nehmen. Aber wenn wir wissen, daß es so ist, und es in Kauf nehmen, dann machen wir uns letztlich mitschuldig. Da können wir nicht sagen: Ich war nicht dabei!, und da können wir nicht sagen: Ich habe nicht gewußt, welche Folgen das hat!
Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie wirklich, auch zu überlegen, was es bedeutet, wenn ein Regierungsmitglied wie Bundesminister Michalek, der nicht im Verdacht steht, ein Radikalreformer zu sein, der Ausgewogenheit in den Mittelpunkt seiner Arbeit stellt und der gelegentlich sogar aus unserer Sicht etwas zu langsam vorwärtsschreitet, wenn so jemand von dieser Regierungsbank aus ganz klar und sachlich und ruhig zum Ausdruck bringt, es gebe für ihn eigentlich keine erkennbaren Argumente, warum das nicht so sein sollte, wie es im Antrag der Abgeordneten Fuhrmann, Schmidt und Stoisits, der heute eingebracht wurde, gefordert wird.
Der Herr Bundesminister kann aus seiner Verantwortung – und er ist ja für diesen Bereich zuständig – nicht erkennen, warum diese Reform nicht kommen sollte. – Das ist eine sehr höfliche, sehr zurückhaltende, aber unmißverständliche Form, auszudrücken, daß der zuständige Bundesminister der Meinung ist, er würde sich diese Reform wünschen. (Beifall beim Liberalen Forum.)
Ich meine, das sollte vielleicht allen Kolleginnen und Kollegen, die noch schwanken, wie sie sich entscheiden sollen, die Entscheidung erleichtern, diesem Antrag ihre Zustimmung zu geben. Das individuelle Heranreifen eines einzelnen Menschen kann man nämlich über keine – wie auch immer angesetzte – Altersgrenze gestalten.
Wir alle wissen, daß Altersgrenzen – 14, 12, 10 Jahre –, die wir gelegentlich brauchen, im Schulorganisationsbereich, im Bereich der Strafmündigkeit, in all diesen Bereichen, die höchstpersönlichen Einzelfälle nicht abdecken können. Es gibt Menschen, die sich schneller entwickeln, andere entwickeln sich langsamer. Aber wir müssen uns zu irgendeinem Alter bekennen, und 14 ist ein sehr probates Alter. Das hat auch meine Klubobfrau schon dargelegt.
Natürlich ist jede dieser Altersgrenzen, auch die Großjährigkeitsaltersgrenze, letztlich eine mutwillige, eine aus der Lebenserfahrung gebildete. Aber es gibt 25jährige Menschen, die noch recht unreif sind. Daher: Klammern Sie sich nicht an Einzelfälle, die Ihnen vielleicht berichtet wurden, wo es mit der Altersgrenze nicht "hingehaut" hätte. Es geht um den Großteil, und wir wissen, daß sich unsere heranwachsende Jugend heute wesentlich schneller und früher emanzipiert, als das noch vor 100 Jahren der Fall war.
Denken Sie doch nur daran, wie selbstbewußt, wie ausdrucksstark und wie emanzipiert heute Kinder schon sind, wenn sie das 14. Lebensjahr überschritten haben, mit welcher Selbstverständlichkeit wir erwarten, daß sie an einem Lehrplatz Aufgaben mit zunehmender Selbständigkeit übernehmen. Oder denken Sie daran, mit welcher Selbständigkeit sie sich in den Schulen zu Arbeitsgruppen zusammenschließen und arbeiten, sich in Jugendvereinen organisieren, an Sportveranstaltungen teilnehmen, in bestimmten Bereichen teilweise schon Spitzenleistungen erbringen, und all das viel früher als noch vor 100 Jahren.
In unserer Gesellschaft hat sich die Emanzipation beschleunigt. Das ist ein wichtiger Aspekt, denn all diese Phänomene sind für eine Überlegung, welche Altersgrenze wofür sinnvoll ist, wichtig.
Daher bitte ich Sie noch einmal: Überlegen Sie redlich, bedenken Sie, daß das, was heute hier in diesem Hohen Hause beschlossen wird, für viele, viele Menschen bedeutet, daß sie von