Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 47. Sitzung / Seite 86

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Fragen des Schwangerschaftsabbruches beziehungsweise bei dessen damaliger Legalisierung auch getan haben. Noch einmal: Ich verwahre mich gegen diese Argumentation, die jetzt schon ein paarmal von Ihrer Seite (die Rednerin blickt in Richtung ÖVP) gekommen ist.

Zweiter Punkt: Ich bin eine der wenigen hier in diesem Haus, die als politisch Aktive, nämlich als junge Studentenfunktionärin, die Argumentation und Auseinandersetzung um die erste, die kleine Strafrechtsreform mitgemacht hat; Abgeordneter Ofner ist auch einer jener. Damals, vor 30 Jahren, wurden beim Regierungsentwurf 1966 folgende Schreckbilder an die Wand gemalt:

Erstens: Bei der Freigabe der sogenannten einfachen Homosexualität unter Erwachsenen wird es zu Konvertikelbildungen von Homosexuellen, zu Cliquen kommen, die den österreichischen Staat und die österreichische Verwaltung unterminieren werden.

Zweitens: Homosexualität wird Mode werden, und es werden Jugendliche in einem derartigen Ausmaß verführt werden und die Öffentlichkeit wird in einem derartigen Ausmaß korrumpiert werden, daß heterosexuelle Verbindungen und Ehen nur so zurückgehen werden.

Keines dieser Argumente beziehungsweise Schreckgespenste hat sich in den nun 30 Jahren seit 1966, als wir diese Reform gemacht haben, bewahrheitet. Aber das Verführungsargument kommt jetzt unverändert wieder in der Diskussion vor.

Drittes Argument: Wie glaubwürdig sind wir? – Ich habe hier eine Stellungnahme, die im Gegensatz zu dem, was Herr Abgeordneter Kukacka vorhin hier vorgelesen hat, steht. Zitat: Die im § 209 noch verankerte, rechtlich unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau in bezug auf gleichgeschlechtliche Handlungen erscheint nach dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz – Artikel 7 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, aber auch Artikel 7 Bundesverfassung – nicht vertretbar. Ferner ist auch dieser Bereich der Privatsphäre dem Artikel 8 der MRK zuzuordnen. – Diese Stellungnahme stammt von der Österreichischen Liga für Menschenrechte, und der Vorsitzende dieser Liga ist Herr Abgeordneter Höchtl. Da frage ich mich schon: Wo ist da die Glaubwürdigkeit, wenn man draußen so redet und hier herinnen anders abstimmt? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das paßt recht gut zu – der Herr Außenminister ist leider nicht da. (Rufe: Er ist da!) Er ist da. Es freut mich, daß Sie da sind, Herr Außenminister. Sie haben sich in hervorragender Weise – und Sie sind ja unser aller Außenminister, Österreichs Außenminister – in Luxemburg bei einer Pressekonferenz zusammen mit Ihrem Kollegen Dini dafür ausgesprochen, daß die Menschenrechte und unter anderem explizit das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Neigung in der EU auch mit Sanktionen behaftet werden sollen. Es gibt ein Zitat aus dieser Pressekonferenz von Ihnen, das besagt, daß Beitrittswerber, die diese Punkte nicht unterschreiben, in die EU nicht aufgenommen werden sollen. Das habe ich voll unterstützt. Daher frage ich mich, warum Ihre Fraktion hier ganz anders vorgeht, nämlich diskriminierenden Bestimmungen zustimmt. Aber vielleicht ändern Sie noch Ihre Meinung.

Auch dieses Mal wurde wie beim Namensrecht das Argument vorgebracht: Habt ihr nicht andere Sorgen, es gibt so viele andere Probleme zu lösen? Diese Frage betrifft ja nur ganz wenige! – Bei dieser Strafbestimmung, bei der es wirklich um den Vorschlaghammer des Strafrechts geht, ist es noch viel, viel ärger, weil da Menschen Leid zugefügt wird, das vermeidbar wäre. Auch für diese Gruppe, auch wenn es nur eine kleine Gruppe ist, sind wir zuständig. Auch in diesem Fall haben wir menschliche Gesetze zu beschließen. Wir dürfen nicht nach dem Gesichtspunkt handeln, wie viele Menschen ein Gesetz betrifft, sondern danach, in welcher Hinsicht es sie betrifft.

Ich meine, daß es für eine Fraktion, die für ein Europa ist, das einig ist, das stark ist, schon sehr merkwürdig ist, daß es Strafbestimmungen aufrechterhalten will, aufgrund welcher jemand, der beispielsweise in Dänemark oder in Deutschland ein ehrbarer Bürger ist, in Österreich zum Verbrecher wird. Wir sind auf jeden Fall dagegen. Daher bitte ich Sie, diese Strafbestimmungen mit unserem Antrag aufzuheben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

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