Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 47. Sitzung / Seite 120

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Parallel dazu muß unbedingt der Ausbau von Frauenberatungsstellen vorangetrieben werden. Gerade in ländlichen Regionen sind die Frauen drastisch unterversorgt, und die Möglichkeit einer anonymen Beratung, einer anonymen Hilfe wäre von äußerster Wichtigkeit, weil Frauen mit der Offenlegung von Gewalt sozial ausgegrenzt werden und gleichzeitig ein sozialer Abstieg für sie beginnt.

In diesem Zusammenhang ist auch der Ausbau der Frauenhäuser sehr wichtig. In Tirol gibt es nur ein Frauenhaus! Die ländlichen Bereiche sind völlig unterversorgt, aber die Entfernung eines Frauenhauses vom Ort der Tat spielt eine wesentliche Rolle für die Möglichkeit der Inanspruchnahme. Die drastische Unterversorgung wird durch jene Zahlen belegt, die besagen, daß mehr als 300 Frauen wegen Überbelegung überhaupt nicht aufgenommen werden konnten. Diese Frauenhäuser sind ein notwendiger Schutz für die Frauen und stellen eine wichtige Sofortmaßnahme dar.

Mehr als ein Drittel der in Frauenhäusern aufgenommenen Frauen kehrt aber letztlich zum Gewalttäter zurück, und auch die Gewalttäter können nach einer bestimmten Zeit wieder zurück zur Familie kommen. Frauen mit Kindern können sich, obwohl sie sich eigentlich trauen würden, aus dieser Gewaltsituation vielfach deshalb nicht befreien, weil sie es sich finanziell nicht leisten können, in hohem Maß abhängig sind oder nach vielen Jahren der Ehe ohne jegliche sozialrechtliche Absicherung dastehen. Sie haben schlechte Chancen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt. Vor allem dann, wenn sie Kinder haben, wird ihre Situation auf dem Arbeitsmarkt, wie auch Studien beweisen, noch schwieriger.

Ich glaube, daß die "Heim an den Herd"-Strategie die Frauen vom Arbeitsmarkt fernhalten soll. Im Rahmen der heutigen Aktuellen Stunde wurde das im Zusammenhang mit den Familientransfers, bei den Themen Familienbesteuerung und Kinderbetreuungsscheck wieder besonders deutlich. Die Frauen stünden dann aber wieder ohne eigenen Erwerb und ohne eigene sozialrechtliche Absicherung da, wodurch sie sich unter bestimmten Umständen auch weniger leicht aus Gewaltsituationen befreien können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich halte es deshalb als Begleitmaßnahme für unbedingt erforderlich, eine offensive Arbeitsmarktpolitik für Frauen zu verfolgen und selbstverständlich auch jene Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen, die Frauen so lange dringend brauchen, solange der traurige gesellschaftliche Befund lautet, daß Betreuungsarbeit fast ausschließlich Frauenarbeit ist.

Darüber hinaus ist eine Bildungsoffensive dringend notwendig, um Gewalt auch als Gewalt zu entlarven und Gefahren aufzuzeigen. Die Schule hätte da einen großen Aufgabenbereich zu bewältigen!

Es sollte aber auch eine ganz spezifische Bildungsoffensive für Frauen im allgemeinen eingeleitet werden. Wir haben nach wie vor eine hohe Diskriminierungsrate, und jede vierte bis fünfte Frau hat keinen über die Pflichtschule hinausgehenden Schulabschluß. Die erstellten Statistiken zeigen deutlich, daß gerade Frauen mit niedrigerem Bildungsgrad in Frauenhäusern deutlich überrepräsentiert sind. Das bedeutet natürlich nicht, daß Bildung Frauen vor Gewalt bewahrt, aber gut ausgebildete Frauen haben zumindest bessere Instrumente, um mit einer solchen Situation umgehen zu können.

Lassen Sie mich zum Abschluß auf eine Gruppe von Frauen hinweisen, für welche diese Situation besonders schwierig ist: Ich spreche von Migrantinnen, die Gewalt erleiden. Diese sind wirtschaftlich und traditionell abhängig. Existenzbedrohend kommt hinzu, daß sie ihr Aufenthaltsrecht verlieren, falls sie eine Scheidung einreichen, sich von ihrem Mann trennen, in ein Frauenhaus gehen oder soziale Hilfe in Anspruch nehmen.

Gerade für Migrantinnen müssen Sofortmaßnahmen gesetzt werden. Es ist daher dringend erforderlich, für diese Frauen ein eigenes Kontingent an Beschäftigungsbewilligungen sowie einen ausreichenden, gerichtlich festgesetzten Unterhalt für die Dauer ihres Aufenthalts zu schaffen, da diese Frauen sonst keine andere Wahl haben als die, Gewalt erleiden zu müssen. – Dieses Gesetz reicht aber nicht aus, diese ihre Situation zu entschärfen.


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