Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 48. Sitzung / Seite 102

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Genau dieses Versprechen ist damit aber mit sehr drastischen Auswirkungen gebrochen worden, denn außenpolitisch gibt es zwei wesentliche Auswirkungen: Auf der einen Seite ist die Linie des Europäischen Parlaments, das immer sehr atomkritisch war, das sich in Oppositionshaltung zur Kommission befand, gebrochen, zu Fall gebracht, konterkariert und ins Gegenteil verkehrt worden. Es ist letztlich jedoch auch die österreichische Außenpolitik und insbesondere auch die österreichische EU-Politik konterkariert und in Mißkredit gebracht worden.

Zum Bruch der Linie des Europäischen Parlaments – dies wird in der Regel nicht so beobachtet – darf ich folgendes ausführen: Es gab bereits im Jänner 1992 von seiten des Europäischen Parlaments im Vorausblick auf die Regierungskonferenz das Bestreben, die Energieverträge, die für die Europäische Union gültig sind, zusammenzufassen und damit die Stellung des Europäischen Parlaments im Rahmen der Energiepolitik zu stärken. Das Europäische Parlament stand einer Förderung der Kernenergienutzung bereits damals sehr zurückhaltend gegenüber. Das war 1992.

Es ist dann in Fortsetzung dieser Linie im Jahr 1995 sogar zu einem Bericht mit einem in der Folge ausgearbeiteten und auch publizierten – man kann es daher auch nachlesen – Textvorschlag für die Revision der Energieverträge der Europäischen Union gekommen.

Jetzt, im Jahr 1996, da es leider nicht gelungen ist, es auch der österreichischen Bundesregierung nicht gelungen ist, die Revision dieser Energieverträge, des EURATOM-Vertrages auf die Agenda der Regierungskonferenz zu bringen, wurde im Zuge der Revision des fünften Umweltprogramms vom Europäischen Parlament festgehalten, Atomenergienutzung entspreche nicht einer nachhaltigen Entwicklung. Da dies so ist, darf ab sofort – so die Forderung des Europäischen Parlaments – kein Geld für den Kernenergieausbau zur Verfügung gestellt werden.

Es ist daher sehr problematisch, daß ausgerechnet Österreich, das als relativ kleines Land im europäischen Kontext immer sehr mutig agiert, das sich auf europäischer Ebene gegen die Nutzung der Kernenergie ausgesprochen hat, mit eigenen Abgeordneten diese Forderung zu Fall gebracht hat.

Ich meine, daß damit die Glaubwürdigkeit der österreichischen Politik in dieser Frage sehr großen Schaden erlitten hat, daß es in Wahrheit auch eine 180-Grad-Wendung ist und ein Bruch dessen, was man noch im Wahlkampf zum Europäischen Parlament, den wir jüngst erlebt haben, versprochen hat. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist vor allem auch deshalb ein Problem, weil wir in Österreich selbst immer eine klare Anti-Atompolitik vertreten haben, die auch innenpolitisch sowohl von seiten der Bundesregierung als auch hier im Hause immer wieder bekräftigt wurde.

Ich darf in diesem Zusammenhang – um das Gedächtnis aufzufrischen – einen Bericht des Umweltausschusses in Erinnerung rufen, in dem es darum gegangen ist, in der außenpolitischen Diskussion der Bundesregierung den Rücken zu stärken, daß es bei der Fertigstellung des Kernkraftwerkes Mochovce nicht zu Finanzierungsunterstützungen kommt.

Dieser Antrag wurde am 1. Februar 1995 ausgearbeitet. Es war ein Antrag, dem alle fünf Parteien hier im Hause ihre Zustimmung gegeben haben und der auch gemeinsam ausgearbeitet wurde. Ich erinnere mich noch gut daran, als Herr Abgeordneter Kopf, Abgeordneter Oberhaidinger, Abgeordneter Schweitzer, Abgeordneter Anschober und auch ich um den Text dieser Entschließung, die mit diesem Bericht gemacht wurde, gerungen haben. Wir haben uns letztlich darauf geeinigt, folgende Entschließung dem Hause vorzulegen – sie ist auch einstimmig angenommen worden, und ich zitiere nun die wesentlichen Passagen:

Die österreichische Bundesregierung soll ihre Bemühungen im Sinne der Politik für ein kernenergiefreies Mitteleuropa intensivieren, um damit das Risiko für die österreichische Bevölkerung zu minimieren und gleichzeitig einen Schritt in Richtung nachhaltige Energiewirtschaft zu setzen. Insbesondere – im folgenden werden mehrere Maßnahmen aufgezählt – wird die Bundesregierung ersucht, sich zu bemühen, die Zielsetzungen von EURATOM dahin gehend zu ändern, daß die Förderung der Kernenergie unterbleibt.


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