Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 56

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. – Bitte sehr.

11.36

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Heute beschäftigen wir uns zweimal mit der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung. Ich habe gehofft, daß ebenso das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz beschlossen werden würde.

Nachdem von Länderseite erreicht wurde, in einer Art Kahlschlag die medizinischen Standards zu köpfen, um Kosten einzusparen, wollte man die öffentlichen Bediensteten in den Krankenanstalten weiter ausbeuten – mit Arbeitszeiten, die wider die guten Sitten sind. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist auch gelungen mit diesem Gesetz!)

Wenn ich mich recht erinnere, war am 20. November 1996 im Teletext zu lesen, daß Parteiobmann Dr. Schüssel die Meinung vertrat, daß die Rufbereitschaft nicht vor dem Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz zu beschließen sei. – Ich bin neugierig, wieviel das Wort eines Parteiobmannes in der eigenen Fraktion gilt. Vom Klubobmann wissen wir Ärzte, daß sein Wort Befehl ist.

Als Gegnerin der Zweiklassenmedizin wünsche ich mir, daß die Verhinderer von Arbeitnehmerschutzinteressen wie Hinz und Kunz in der 60. Arbeitsstunde eines Turnusarztes von diesem behandelt werden. Laut Berichten wurde gestern eine Einigung über das Arbeitszeitgesetz erzielt, allerdings abweichend von der ursprünglichen Regierungvorlage, mit erheblichen arbeitsrechtlichen Verschlechterungen.

Solange das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz nicht beschlossen ist, hat für alle Privatspitäler das Arbeitszeitgesetz Gültigkeit. Die Einhaltung ist vom Arbeitsinspektorat zu überprüfen. Es sollte nicht mehr vorkommen, daß die Ärztekammer – wie vor einiger Zeit – eine Arbeitsgerichtsklage gegen ein Ordensspital einbringen muß, da die Ärzte die geleisteten Dienste, weil sie gegen das Arbeitszeitgesetz verstießen, nicht bezahlt erhielten. Menschen auszubeuten und das Entgelt für geleistete Arbeit zu verweigern, ist höchst unmoralisch.

Mit einer gewissen Skepsis begrüße ich die LKF. Nach tatsächlicher Diagnose und Leistung soll eine gerechtere Finanzierung ermöglicht und nicht durch Abliegenlassen von Patienten Mehreinnahmen erzielt werden, um so Sozialversicherungsgelder umzuleiten. Ich hoffe, daß mittels LKF die Ausgabendynamik eingebremst wird.

Seit jedoch die Durchführung in greifbare Nähe rückt, wird fieberhaft daran gearbeitet, das System auszutricksen. Kleine Spitäler überlegen plötzlich, ob sie mehr interne oder chirurgische Medizin forcieren sollten, statt sich an den Bedürfnissen der Menschen zu orientieren. Teure Seminare werden angeboten, um maximale Punktewerte zu erwirtschaften.

Man staune, wer diese hochbezahlten Seminare hält: hochdotierte Direktoren von Krankenanstalten, Krankenanstaltengesellschafter sowie Statistiker, die mit der LKF Erfahrung haben. – Einige Zielsetzungen dieser Seminare – ich zitiere wörtlich aus so einer Einladung –: Sie profitieren von den tatsächlichen Erfahrungen mit LKF-Projekten. Lernen Sie die Dokumentation im Sinne der LKF zu optimieren. Nutzen Sie als Spitalsmanager die LKF als Chance für Ihr Krankenhaus. Begrenzen oder erweitern Sie Ihr Leistungsspektrum und bereiten Sie sich rechtzeitig auf den europäischen Gesundheitsmarkt vor. – Diese Zitate sprechen für sich. Die Originaleinladungen kann ich Interessierten gerne zeigen.

Ich bin froh, daß die Sozialversicherung nur mehr einen feststehenden Betrag in die Ländertöpfe einzahlt und durch Unterlaufen des Systems nicht mehr in die Enge getrieben wird.

Eine Verschränkung von intra- und extramuraler Versorgung ist raschestens durchzuführen. Auf Kosten der Patienten darf keine Kostenminimierung betrieben werden. Patienten sollen nicht am optimalen Tag des Punktewertes entlassen werden, sondern ausschließlich aus medizinischen, eventuell auch sozialen Gründen.


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