Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 123

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Im EU-Parlament haben wir gefragt, auch unsere sozialistischen Kollegen: Habt ihr denn irgend etwas, ein Papier, das ihr in einem Ausschuß einbringt? – Sie haben gesagt: Nein, haben wir nicht. Kollegin Hawlicek hat gesagt, das habe sie auch aus den Medien gehört, aber es liege nichts da. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Dann haben wir noch die Kommission gefragt. Die Kommission hat auch nichts gehabt. Und dann haben wir in den Couloirs herumgefragt, wie denn das ist. Da hat einer gesagt: Na ja, das ist die typische Seifenblase eines Neuankömmlings in Brüssel. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: So ist es!)

Da habe ich mir gedacht: Herr Bundeskanzler, ich schäme mich für Sie! Ich schäme mich wirklich für Sie! Denn großmundig Initiativen zu verkünden und sich dann nicht daran zu halten und nichts einzubringen, Herr Bundeskanzler, das ist nicht der Stil einer Regierung eines Mitgliedslandes der Europäischen Union. Denn Regierung heißt regieren, handeln, Entscheidungen treffen, nichts hinausschieben, optimale Rahmenbedingungen setzen. Was machen Sie? – Sie kommentieren, moderieren und haben eigentlich nicht die Kraft dazu, die Probleme wirklich anzupacken. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Herr Bundeskanzler, das muß man Ihnen wirklich vorwerfen.

Ich sage Ihnen jetzt etwas – und da setze ich mich mit Ihrer Politik auseinander –: Wir haben vor wenigen Tagen lesen müssen, wir sind in der Wettbewerbsfähigkeit von Platz 15 in einer Rangliste von 46 Staaten auf den 30. Platz zurückgefallen. Wifo-Chef Kramer meint, im öffentlichen Dienst wären Reformen dringend notwendig, denn sonst ist das nicht mehr finanzierbar.

Wir haben die Situation, daß in vielen Betrieben die Lohnverrechnung gemacht wird, die eigentlich eine Lohnverrechnung für Finanzminister Klima ist, und das wird quasi kostenlos, zum Nulltarif geleistet. Der Präsident des Rechnungshofes Fiedler ortet 100 Milliarden Schilling Einsparungen, hätte man die Gesetze der letzten Jahre sorgfältiger auf ihre Folgekosten abgeklopft.

Herr Bundeskanzler! Es wäre notwendig gewesen, daß sich ein Regierungschef, ein Leiter einer Regierung um diese Sachen kümmert. Aber was ist denn passiert in den letzten Jahren? – Wir haben zwei Etappen der Steuerreform erlebt, da haben sich die Belastungen und Entlastungen die Waage gehalten. Ich war bei beiden Reformen dabei; das war schlußendlich, Herr Bundeskanzler, ein Nullsummenspiel. Und das Strukturanpassungsgesetz war an sich ein Belastungspaket. Sie haben zwar vollmundig gemeint, hier würde ausgabenseitig viel mehr gespart, tatsächlich ist aber herausgekommen, daß in etwa zwei Drittel mehr an Einnahmen und nur ein Drittel an Sparvolumen in diesem Belastungspaket vorhanden waren. (Abg. Mag. Stadler: Und das ist noch fraglich!)

Herr Bundeskanzler! Sie betreiben Kosmetik bei unserer Steuer- und Abgabenpolitik, und damit gefährden Sie das Budget der nächsten Jahre und damit auch den Wirtschaftsstandort Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler! Was dieses Strukturanpassungspaket ist, wird natürlich bei näherem Hinschauen vollkommen klar: Es ist eine Maßnahme, daß wir mit hängender Zunge auf Teufel komm raus diese berühmten sogenannten Maastricht-Kriterien erreichen. Danach ist es Ihnen völlig gleichgültig, wie dieser Staatshaushalt aussieht. Herr Bundeskanzler! Das ist keine Politik, die berechenbar ist für Unternehmer, für Arbeitnehmer, für alle, die in Österreich investieren wollen. Das ist auch das Problem unseres Wirtschaftsstandortes, und das ist auch das Problem der Beschäftigungspolitik in Österreich.

Herr Bundeskanzler! Ein paar Beispiele: Die Einführung einer Mindestkörperschaftsteuer – das ist auch einer dieser Punkte, die wir ersatzlos wieder aufheben wollen – wird dazu führen, daß der junge Unternehmer nach eineinhalb Jahren, wenn er nicht noch mehr Kapital in seine neugegründete GmbH hineinsteckt, zum Konkursrichter gehen muß. Ich rechne Ihnen das gerne vor: 60 000 S Gründungskosten, 50 000 S Mindestkörperschaftsteuer im Jahr 1997, wenn man eine GmbH zum Beispiel am 10. Jänner 1997 gründet, im zweiten Halbjahr 1998 ist die


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