Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 133

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Wenn ich in diesem Zusammenhang etwas befürchte, dann ist es das, daß die Europäische Zentralbank einen zu harten geldpolitischen Kurs fahren wird und nicht einen zu weichen. Im Gegensatz zum Statut der Österreichischen Notenbank hat die EZB keine Bestimmung, wonach sie die Wirtschaftspolitik der – unter Anführungszeichen – "europäischen Bundesregierung" zu unterstützen hätte. Kann auch nicht drinstehen, weil es keine europäische Bundesregierung gibt. Aber das ist ein Manko, das wir an anderer Stelle diskutieren sollten.

Nun zu Punkt 5 der freiheitlichen Anfrage: zur strikten Einhaltung der Konvergenzkriterien. Ich weiß jetzt nicht – vielleicht kann einer der Nachredner dazu noch Stellung nehmen –, was Sie nun wollen, verehrte Kollegen: den Euro oder die Konvergenzkriterien? (Ruf bei den Freiheitlichen: Schilling!) Sie wollen den Schilling. Aber der Frage 5 kann man entnehmen, daß Sie für die strikte Einhaltung der Konvergenzkriterien eintreten ohne Euro. Und das ist meines Erachtens die allerschlechteste Variante. (Beifall bei den Grünen und der ÖVP.)

Die beste Variante ist die Währungsunion ohne die sklavische Einhaltung der verfehlten Konvergenzkriterien. Die zweitbeste Variante ist die derzeitige Situation, daß wir nämlich eine Währungsunion mit leider mißglückten Konvergenzkriterien haben. Aber die Konvergenzkriterien ohne Währungsunion sind für mich ein wirtschaftspolitischer Alptraum. (Beifall bei den Grünen sowie bei SPÖ und ÖVP.)

In diesem Zusammenhang zur Frage 11: Der Hinweis auf Dänemark und Schweden ist in diesem Fall verfehlt, denn in beiden Fällen – sowohl im Falle Dänemarks als auch Schwedens – sind die sehr vorsichtigen Äußerungen der jeweiligen Regierungen rein innenpolitisch bedingt. Dänemark hat sich, wie Sie wissen, von Haus aus eine Opt-out-Klausel ausbedungen, und die Schweden haben Schwierigkeiten in ihrer Koalitionsregierung. Aber wenn Sie die Fakten, die Budgetpolitik beider Staaten anschauen, werden Sie feststellen, daß gerade Dänemark und Schweden eine extrem restriktive Budgetpolitik betreiben, extrem restriktiv – ablesbar beispielsweise in den sogenannten Primärsalden. – Ich empfehle Ihnen die Lektüre des Berichtes des Europäischen Währungsinstitutes vom November dieses Jahres, der alle diese Daten enthält.

Dänemark und Schweden halten sich die Optionen der Teilnahme an der Währungsunion durchaus offen, auch wenn die offizielle Regierungslinie derzeit die ist: Man wird sehen, wie sich die Dinge entwickeln.

Nun möchte ich noch zur Frage der Osterweiterung der Europäischen Union Stellung nehmen. Ich meine schon: Am grundsätzlichen Ziel der Osterweiterung der EU muß festgehalten werden, an der Osterweiterung in einem einigermaßen überschaubaren Zeitraum, weil das im langfristigen Interesse Österreichs liegt. Diese Länder – wie die Deutschen sagen würden: außen vor zu lassen – draußenzulassen, ihnen keine Perspektive auf einen Beitritt in absehbarer Zeit zu geben, können sich, glaube ich, Österreich und Westeuropa nicht erlauben, nicht leisten. Es darf nicht der Eindruck entstehen, daß das reiche Westeuropa die ärmeren Nachbarn draußen halten will, sich von ihnen abschottet oder abschotten will. Ich glaube, eine solche Politik wäre nicht nur, wenn Sie so wollen, aus moralischen oder sonstigen Gründen nicht angebracht, sondern sie entspricht vor allem nicht den langfristigen Sicherheitsinteressen Österreichs.

Natürlich werden diese Verhandlungen nicht rasch gehen. Vor der Jahrtausendwende ist überhaupt nichts zu holen. Außerdem glaube ich, daß die Europäische Union als das primäre Projekt die Währungsunion verfolgt. Und solange die Währungsunion und der Euro nicht auf festen Schienen fahren, wird sich diesbezüglich nicht viel abspielen.

Abgesehen davon werden die Verhandlungen auch aus einem anderen Grund länger dauern, weil nämlich die Osterweiterung bei schlichter Beibehaltung der derzeitigen Regelungen – vor allem im Bereich der Regionalfonds – gar nicht möglich ist, weil die osteuropäischen Länder ein derart niedriges Sozialproduktniveau ausweisen, daß sie derartige Transfers, wie sie Portugal, Irland oder Griechenland heute erhalten, gar nicht verkraften könnten. Daß etwa Rumänien künftig etwa 50 Prozent seines Sozialprodukts aus Transfers der EU verkraften könnte, ist ausgeschlossen. Die Absorptionsfähigkeit Rumäniens, aber auch der anderen Länder ist mit solchen Transfers völlig überfordert. Keine Volkswirtschaft der Welt könnte das aushalten.


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