Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 160

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Wissen Sie, was die Aussage vom Turnusärztevertreter Österreichs, von Dr. Schlögel ist? – Er sagt: Die Kollegen haben Angst! – Na klar, natürlich haben sie Angst! Sie haben Angst, daß zum Beispiel ihr Vorgesetzter sagt: Du kannst das schon in der Nacht! Du kannst mich ja rufen, wenn du mich brauchst!

Aber dann stehen sie vor der Entscheidung und wissen in akuten Situationen vielleicht nicht, was sie tun sollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es gibt ja bereits ganz eindeutige Urteile. Es gibt ein Urteil des Obersten Gerichtshofes zur Haftung des Turnusarztes. Es hat ein in Ausbildung befindlicher Turnusarzt für Anästhesiologie folgendes gemacht: Es ist ein zehnjähriges Kind wegen akuter Blinddarmentzündung ins Krankenhaus eingeliefert worden, und der diensthabende Turnusarzt hat, weil er eben gedacht hat, er könne es schon, beschlossen, dieses Kind zu anästhesieren. Dabei ist es zu einem Zwischenfall gekommen. Das Kind befand sich in der Folge mehrere Wochen bewußtlos im Krankenhaus, aber die Rehabilitation gelang nur partiell, was zur Folge hatte, daß dieses Kind jetzt behindert ist. Dieser Turnusarzt sowie der Krankenhausträger sind in erster und zweiter Instanz verurteilt worden. – Aber trotz dieser Urteile wird dieses Gesetz jetzt beschlossen.

Betrachten wir das Ganze einmal aus der Sicht des Patienten, nicht aus der Sicht des Arztes – ich möchte Ihnen dieses Beispiel nur schildern, damit Sie wissen, wie es in Wirklichkeit läuft –: Es hat es vor einem Jahr in Oberpullendorf folgendes Geschehnis gegeben: Ein junger Mann ist in einer Diskothek niedergeschlagen und daraufhin in das zuständige Krankenhaus gebracht worden. Dort ist der diensthabende Turnusarzt ausgepiepst worden. Der Patient hat aus drei Stellen, aus den Augen und aus der Nase geblutet. Es wurden von diesem Mann dann Röntgenbilder gemacht, doch der Turnusarzt war sich unschlüssig, was er mit diesen Röntgenbildern eigentlich tun soll. Er hat gesagt, er müßte eigentlich den rufbereiten Augenarzt auspiepsen. Aber er hat dann gemeint, er piepse ihn doch nicht aus, er werde diesen am Samstag verunglückten Patienten aufnehmen, am Montag käme ohnehin der Augenarzt und der würde ihn dann anschauen.

Der Patient ist aber nicht in diesem Krankenhaus geblieben, sondern in ein anderes Spital gegangen. Dort hat sich dann herausgestellt, daß er Schädelbrüche, einen offenen Schädelbasisbruch mit Austritt von Gehirnflüssigkeit, ein Monokelhämatom und noch anderes mehr hatte.

Meine Damen und Herren! Turnusärzte sind Auszubildende, für die wir die Verantwortung zu tragen haben. Es sind junge Ärzte, von denen wir nicht verlangen können, daß sie in der Nacht plötzlich etwas können, was wir ihnen am Tag nicht zumuten. Dieses Gesetz ist daher haftungsrechtlich nicht durchzubringen und nicht möglich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Schauen wir uns aber dieses Gesetz, wenn man schon eine so schlechte Regelung macht, einmal von der finanziellen Seite an: Was würden diese Regelungen an Einsparungen bringen? – Da gibt es zwei Arten der Einsparung: Die erste wäre die, daß die Umwandlung des Anwesenheitsdienstes in eine Rufbereitschaft billiger käme. Das stimmt aber auch nur ganz marginal, denn in dem Moment, in dem der Rufbereite wirklich ins Spital fährt und dort arbeitet, ist die Bezahlung praktisch die gleiche. Das kann man zum Beispiel aus den Tarifen des Landes Oberösterreich leicht entnehmen.

Die zweite Art wäre die zukünftige Kostenersparnis bei Einführung des AZG. Würde das AZG in der ursprünglichen Form eingeführt werden, dann gäbe es – darüber gibt es Berechnungen von der Ärztekammer – ein Einsparungspotential von 280 Millionen Schilling. Gut, 280 Millionen sind relativ viel Geld, aber wir müssen das in Relation zu den Gesamtkosten der Ärzte in Höhe von 5 Milliarden Schilling sehen.

Ich möchte nun einen Abänderungsantrag einbringen, der die Situation der Turnusärzte darstellt. Wir sind der Auffassung, daß, wenn ein Arzt in Rufbereitschaft ist, nur ein Arzt mit ius practicandi, der über die Fähigkeiten in dem Fach, in dem er tätig ist, hinaus über Kenntnisse verfügt, auf der Abteilung Dienst machen darf.


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