Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 181

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schnurvorfall passiert, dann muß ein Facharzt her, da kann kein Turnusarzt helfen. Und dann zählen die ersten drei Minuten, die Entscheidung richtig zu fällen und sofort das Kind herauszuholen, um nicht eine Gehirnschädigung oder den Tod des Kindes in Kauf nehmen zu müssen. Also ich glaube, daß es in Geburtenabteilungen auf keinen Fall möglich sein wird, auf den Facharzt zu verzichten.

Sie haben von Oberndorf als einem Spital gesprochen, wo es keine Probleme gibt. (Abg. Dr. Leiner: Der Herr Primar hat das gesagt!) – Okay, der Herr Primar hat das gesagt, gut. Zufällig, Herr Kollege Leiner, habe ich eine sehr gute Freundin, die dort den Turnusdienst gemacht hat. Diese ist im ersten Monat bereits alleine im Nachtdienst gewesen, hat gleichzeitig zwei Geburten mit internistischen Problemen und Unfallopfer zu versorgen gehabt und noch dazu Laboruntersuchungen selbst durchführen müssen, weil das Labor nicht besetzt war. (Zwischenruf des Abg. Dr. Leiner. )

Diese Person, die im ersten Ausbildungsmonat war, war heillos überfordert. Sie hat sich nicht getraut, sich dagegen zu wehren. Sie hätte ihren Turnusplatz verloren, und sie hätte drei Jahre lang in Wien auf einen Turnusplatz warten müssen. (Abg. Dr. Leiner: Nein, Frau Kollegin! Jetzt ist es ja viel besser!) – Und das ändert sich im zweiten und im dritten Turnusjahr nicht! (Abg. Dr. Leiner: Es ist ein Chefarzt da, und es ist auf jeder Station ein Turnusarzt!) – Ja, wunderbar. Wenn ich geburtenführende Abteilungen habe, jemanden mit Herzinfarkt daneben liegen habe, was soll ich denn noch alles bewältigen als Turnusarzt?! Seien Sie mir nicht böse! (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Freiheitlichen und den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Leiner. )

Ich glaube, Herr Leiner, wenn ich als Bürger einzahle, habe ich das Recht, Versicherungsleistungen in Anspruch zu nehmen – Versicherungsleistungen, die mir garantieren, daß ich in einem Fall, in dem es notwendig und wesentlich ist, von einem Facharzt behandelt werde und nicht von jemandem, der diese Kompetenz nicht aufweist.

Ich halte das eigentlich für einen Wahnsinn, daß wir aufgrund der Versicherungsleistungen, die wir einzahlen, keine adäquate Behandlung bekommen, wenn wir sie brauchen, und das ist meiner Meinung nach kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt – außer Sie senken die Beitragskosten im selben Ausmaß. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Freiheitlichen.)

Ich wollte noch auf einen Punkt hinweisen, das ist Artikel 22 Abs. 4 Z 3. Da heißt es: Eindämmung der Nebenbeschäftigung von in Krankenanstalten beschäftigten Ärzten in Form einer Niederlassung in der freien Praxis. – Also ich muß sagen, das ist ja wohl zu viel. Das Betreiben einer freien Praxis ist, glaube ich, nach wie vor in Österreich legal.

Zweitens ist es sogar wünschenswert, daß prä- und postoperative Betreuung im extramuralen Bereich liegen und womöglich von jenem Arzt durchgeführt werden, der die Operation selbst gemacht hat. Abgesehen davon ist das wesentlich billiger, wie wir alle wissen.

Drittens: Ärzte haben dieselben Bürgerrechte wie andere Bürger. Was sie in ihrer Freizeit tun, kann niemals Gegenstand einer gesetzlichen Regelung sein im Sinne der Verhinderung einer Berufsausübung. Bei der Rufbereitschaft gilt die Zeit, in der Ärzte jederzeit – in Klammern muß ich sagen, womöglich kommen auch bald die Hebammen und die OP-Schwestern dazu, und ich weiß nicht, was noch – zur Arbeit gerufen werden können, anscheinend nicht als Arbeitszeit, wobei man aber auf der anderen Seite in einem bestimmten Zeitraum – man hat früher einmal von 15 Minuten gesprochen – sofort einsatzfähig sein muß. Nur muß ich Ihnen verraten: Wenn ich zu Hause im Bett liege und in 15 Minuten auf einer Abteilung sein soll, so wird es sich oftmals nicht ausgehen, außer ich wohne im Ärztehaus neben der Station. – Das habe ich auch erlebt. Das habe ich im Sommer erlebt, als ich mit einem kleinen Kind fünf Tage lang im Spital war. Da ist es kein Problem, wenn der Primarius im Nachbarhaus wohnt, daß man sagt, in Notfällen ist er sofort greifbar. Diesbezüglich habe ich auch nicht große Sorgen.

Ich habe nur die Sorge, wenn der Herr Primarius dann einmal auf Urlaub ist und nicht sofort greifbar ist und der nächste vielleicht nicht am Berg oben wohnt – wie das bei diesem Krankenhaus in der Steiermark der Fall war –, sondern unten im Tal und mit dem Auto von der nächsten Ortschaft 15 Minuten braucht, bis er auf der Station ist, und das bei trockenen Fahr


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