Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 23

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Junge Menschen schließen sich einer Sekte oder einer Weltanschauungsgruppe an, weil diese meistens genau für jene Probleme schnelle Lösungsmöglichkeiten und Rezepte anbieten, und weil sich die jungen Menschen dadurch Erleichterung und Befreiung erhoffen.

Das Gefährliche an Sekten ist, daß sie vorwiegend folgende menschliche Bedürfnisse ansprechen: das Bedürfnis nach Zuwendung und Aufmerksamkeit, das Bedürfnis nach Gebraucht-Werden, nach Nützlich-Sein, daß man seine kreativen Fähigkeiten ausleben kann, daß das Selbstwertgefühl gestärkt wird, Zusammengehörigkeitsgefühl, aber auch Macht zu haben über andere, allwissend zu sein und das Bedürfnis, sich nach überschaubaren Lebensmodellen orientieren zu können. All jene Dinge und Bedürfnisse versuchen Sekten oder eben solche Gruppierungen abzudecken.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie werden mir sicherlich zustimmen, daß sich jeder und jede von uns von einem oder mehreren Bereichen, die ich genannt habe, angesprochen fühlt. Ich halte es für legitim, wenn der einzelne Bürger und besonders junge Menschen versuchen, Lösungen herbeizuführen, Lebensglück und Lebenssinn anzustreben.

Wir Politiker sind daher aufgerufen, möglichst weitreichende Maßnahmen zu setzen und Rahmenbedingungen zu schaffen, damit junge Menschen keinen Grund haben, von der Gesellschaft derart enttäuscht zu sein, daß sie ihr den Rücken zukehren und sich einer sektenähnlichen Gruppierung anschließen.

Ein sehr wichtiger Schritt ist diese Broschüre. Aber weitere Schritte sind Aufklärungsaktionen an Schulen, in Eltern- und Familienberatungsstellen – meine Anregung: auch in Jugendzentren und Jugendtreffs. Die Betreuer sind eben oft Vertrauenspersonen für Jugendliche. Ich gehe noch einen Schritt weiter und sage, daß Jugendliche in ihrer Entwicklung unterstützt werden sollen, daß man ihnen Hilfestellung für ihre Probleme bieten soll, damit sie Perspektiven für ihre Zukunft finden. Man soll ihre Fähigkeiten erkennen, ihre Kreativität fördern und Maßnahmen setzen, durch die Jugendliche ihr Selbstbewußtsein und ihr Selbstwertgefühl steigern beziehungsweise erreichen können, durch die sie die Möglichkeit haben, unmittelbar ihre Umgebung mitzugestalten. Sie dürfen nicht fremdbestimmt werden. Man muß lebensnahen Unterricht in Schulen machen und für eine gute Betreuung in Jugendzentren und für ihr dortiges Mitspracherecht sorgen.

Zum Schluß kann noch jeder von uns als Politiker einen Beitrag dazu leisten: Viele Kinder und Jugendliche sind enttäuscht von uns Politikern, von uns Volksvertretern. Nach Aussagen von Jugendlichen sind sie enttäuscht, weil sie der Meinung sind, daß Politiker nicht ehrlich sind, daß wir nur Versprechungen machen, die wir nicht halten können, daß wir uns nur vor der Wahl ans Volk wenden, daß wir uns zuwenig für eine sozial gerechte, saubere und lebenswerte Umwelt einsetzen.

Meine Damen und Herren! Aufklärung über Sekten ist wichtig, aber alle Maßnahmen, die ich aufgezählt habe, und unser eigenes Verhalten als Politiker, unser Verständnis für die Probleme unserer Mitbürger sind vorbeugende Schritte, damit sie uns nicht den Rücken kehren. Wir haben viel zu tun, um unserer Jugend zu beweisen, daß wir und nicht irgendeine Sekte ihnen die Voraussetzungen dafür schaffen können, daß sie mit Freude und Zuversicht in unserem Österreich leben können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, dem Liberalen Forum und den Grünen.)

11.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé.

11.00

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Da meine Vorredner schon die Gefährlichkeit der Sekten angeschnitten haben und auch die Tragik des Schicksals jener Menschen, die solchen Sekten verfallen sind, möchte ich mich jetzt nur mit einzelnen Wortmeldungen auseinandersetzen.

Zu den Ausführungen von Frau Dr. Schmidt: Natürlich ist es wichtig, daß wir uns mit den Hintergründen befassen, warum eigentlich in zunehmendem Maße insbesondere junge Menschen


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