Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 24

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Sekten verfallen. Ich glaube aber nicht, daß ihre Meinung richtig ist, wenn man kritikfähige Menschen erzieht, könne man Menschen davor bewahren, einer Sekte zu verfallen. Ich glaube auch nicht, daß es der Jugend heute daran mangelt, Gelegenheit zu haben, etwas zu hinterfragen. Ich glaube auch nicht so wie Sie, daß aufgrund dessen, daß keine Auseinandersetzungen stattfinden, die Jugendlichen das Gefühl haben, nicht ernst genommen zu werden, sondern ich glaube, ganz im Gegenteil, daß es noch nie eine Zeit gab, in der eine solche Informationsmöglichkeit vorhanden war.

Ich glaube, daß die Menschen, die jungen Menschen, noch nie soviel Möglichkeit hatten, sich generell mit allem auseinanderzusetzen, alles zu hinterfragen. Ich glaube aber, daß es keine Zeit gab, in der Werte sowenig Bedeutung hatten wie derzeit. Ich glaube, das ist die Ursache. Es werden sämtliche traditionellen Werte hinterfragt, und es gibt nichts mehr, woran sich die Jugendlichen und die Menschen halten können. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich glaube, das ist ein wesentlicher Grund, warum derzeit ein solcher Zustrom zu den Sekten stattfindet.

Es wurden alle Autoritäten vom Sockel geworfen, und zwar die Autorität im positiven Sinn, ich meine damit die Familie, die Eltern und so weiter als positives Vorbild. All das ist heute nicht mehr relevant, und deshalb glauben die Jugendlichen oder die Menschen überhaupt, in einer völligen Unsicherheit zu leben oder fühlen so.

Den Menschen ist die Orientierung abhanden gekommen, sie wissen nicht mehr, wonach sie ihr Leben ausrichten sollen. Es fehlt ihnen der Sinn, und deshalb suchen manche den Sinn des Lebens in einer Sekte, denn dort wird ihnen gesagt: Wir wissen, wo es langgeht. Dort gibt es nämlich die Autoritäten, die sagen, wir wissen genau, wie du leben mußt, damit du glücklich wirst. Und dann verfallen diese Menschen diesem verhängnisvollen Irrtum und ergeben sich den Zielen der Sekte bedingungslos.

Was wir tun müssen, ist, den Jugendlichen und den Menschen die Wichtigkeit der Werte wieder nahezubringen, beispielsweise wie wichtig eine positive Autorität ist.

Jetzt ist es leider Gottes so, daß alles nur abgeräumt wird, alle traditionellen Werte werden weggeräumt, und es wird an deren Stelle nichts mehr Neues hingestellt, und deshalb glaubt der Mensch, er schwebt im luftleeren Raum.

Ich bin auch nicht mit dem Verlauf dieser Diskussion zufrieden. Ich finde es schon gut, daß es diese Broschüre gibt, aber laut ÖVP gibt es nichts Besseres als diese Broschüre. Und das stimmt natürlich nicht. Wenn Frau Mertel sagt, es liegt ein ungeheurer Erfolgsbericht vor, seit 1994 gibt es immerhin eine Arbeitsgruppe, die Frau Ministerin Gehrer ins Leben gerufen hat, und nun diese Broschüre, dann, finde ich, ist das herzlich wenig, was man der Arbeit der Sekten entgegenstellt.

Die Broschüre sagt beispielsweise: Wenn die persönliche Freiheit eingeschränkt wird, dann greift der Staat zum Schutz der Bürger ein, und es werden verschiedene Instrumente geschaffen, die der Rechtsstaat vorsieht. In Wirklichkeit, Herr Minister, gibt es überhaupt kein Instrument des Rechtsstaates, sondern es gibt nur diese Informationsstellen. Es ist zum Beispiel wichtig – ich glaube, das wird auch Frau Dr. Schmidt zugeben –, sich über die Tätigkeit der Sekten zu informieren und Gegenstrategien zu entwickeln. Das Sektenreferat der Bundespolizeidirektion Wien hat vier Beamte, und es ist bisher überhaupt nichts geschehen, um dort aufzustocken. Die Beamten können jetzt nur sichten und einmal schauen, was es eigentlich an Sektenwesen gibt, aber sie können nicht einmal irgendwelche Observationen durchführen.

Die interministerielle Kommission, die schon seit langem angeregt wurde, gibt es ebenfalls nicht. Die Arbeitsgruppe ist, wie ich höre, ebenfalls nur eine Alibihandlung.

Herr Minister! Daß Ihnen trotz der Broschüre das Sektenwesen kein großes Anliegen ist, muß ich leider daraus ersehen (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) – ich komme schon zum Schluß –, daß Sie erst jetzt, nachdem unsere Kollegin Apfelbeck eine Enquete zur Bekämpfung des Sektenwesens im Parlament im Jänner organisiert hat, aktiv geworden sind. Erst jetzt haben Ihre Abgeordneten diese Aktuelle Stunde angeregt, und Sie haben eine Woche


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