Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 106

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äquivalenten Förderung der verschiedenen Arten von Kinderbetreuung und einem generell familienfeindlichen Steuerrecht.

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie jetzt – das haben Sie ja heute auch wieder getan – als einziges Rezept dagegen eine soziale Staffelung der Familienzahlungen als richtig empfinden, dann muß ich schon sagen: Sie haben bisher eine Diskussion über echte und konsequente Familienpolitik wirklich verweigert. Warum ist es denn notwendig, daß der Verfassungsgerichtshof in Österreich aus Gründen der Steuergerechtigkeit immer wieder prüfen muß? Warum entspringen die mehr oder weniger sinnvollen und die mehr oder weniger großzügigen staatlichen Zuwendungen, die Sie immer so loben, Herr Bundeskanzler, eher dem Zufallsprinzip als einer planvollen Überlegung? – Das ist doch so! Ich sage Ihnen, das ist deshalb so, weil die österreichische Politik einfach Angst hat, Farbe zu bekennen! Das ist die Entwicklung und die Konsequenz dieser Regierungsstruktur!

Ich nehme die ÖVP aus meinen Beschuldigungen natürlich nicht aus! Warum gibt es in Österreich noch keinen Grundrechtskatalog über die Wertigkeit der Familie? – Das Familienministerium ist seit zehn Jahren in ÖVP-Hand! Warum wurde bisher nicht verfassungsmäßig festgehalten, ob das soziale System in Österreich mit finanziellen Beiträgen finanzierbar ist oder ob der Generationenvertrag und somit Kinder für den österreichischen Staat wichtig sind?

Familienpolitik, meine Damen und Herren, kann sich nicht auf politisch motivierte Almosenverteilung oder auf politisch motivierte Wahlzuckerlverteilung begrenzen, so wie es in Österreich bisher der Fall war, denn Geld für bessere Maßnahmen hätten wir in den letzten Jahren wirklich genügend gehabt.

Wir Freiheitlichen bekennen uns seit langem dazu, die Familien aufzuwerten, Familienpolitik zu einem Kernthema zu machen und gezielte individuelle Familienleistungen zu geben – anstelle des bisherigen Gießkannenprinzips. Wir finden, es ist wirklich notwendig – und das steht in unserem Programm –, daß der zunehmenden sozialen Armut gerade der Familien zu begegnen ist und daß die bedeutenden Leistungen der Familien – das aus gesellschaftlichem Interesse – endlich mehr zu berücksichtigen sind.

Ich verweise hier wieder auf das Modell des Kinderbetreuungsschecks, das auch eine Möglichkeit wäre, Frau Kollegin Steibl, der Altersarmut von Frauen besser zu begegnen, eben dadurch, daß dann Geld vorhanden wäre für die Beiträge der Pensionsversicherung.

Wir Freiheitlichen stehen auch schon lange zu einem gerechten System im Steuerbereich. Unser Familien-Steuersplitting beinhaltet, Herr Bundeskanzler, eine soziale Staffelung, weil eben sämtliche Familientransferleistungen, Familienleistungen monetärer Art in die Berechnungsgrundlage miteinzubeziehen sind. Dieses billige Gegenargument – das einzige, das eigentlich immer gegen dieses Steuersplitting gebracht wird –, nämlich daß Frauen dadurch zurück an den Herd gedrängt werden, stimmt einfach nicht. Niemand würde dazu gezwungen werden; wir Freiheitlichen sind immer für eine wahlweise Inanspruchnahme eingetreten. Aber Ihnen, Herr Bundeskanzler, und auch beiden Regierungsparteien sind eben Ideologie wichtiger als eine logische, konsequente Politik.

Ich finde, es ist wirklich ein starkes Stück, nicht nur daß die österreichische Politik das diesbezügliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahre 1991 einfach ignoriert, sondern daß gerade Sie, Herr Bundeskanzler, jetzt sogar auch das zu erwartende neue Erkenntnis zu unterlaufen versuchen. Meinem Empfinden nach versuchen Sie den österreichischen Verfassungsbogen einfach zu biegen, und zwar so, wie Sie es haben wollen.

Es geht ja wirklich nicht um die Förderung von Wohlhabenden, sondern einfach um Steuergerechtigkeit, Herr Bundeskanzler. Wenn Sie das nicht wahrhaben wollen, dann haben Sie das österreichische Steuersystem mißverstanden – oder Sie wollen es mißverstehen.

Auch ich bin für einen Maßnahmenkatalog gegen die zunehmende Armut. Dieser darf aber nicht mit den klassenkämpferischen Tönen der Grünen versetzt sein. Das ist nicht der richtige Weg. Und wenn Sie, Herr Bundeskanzler, heute versucht haben, hier nicht als Beschwichtigungs


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