Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 134

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Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Es sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben: Sie haben im Jahre 1995 eine Nettoneuverschuldung von 6 Prozent zustande gebracht. Dafür tragen Sie die Verantwortung, Sie von der Österreichischen Volkspartei, die immer "mehr privat und weniger Staat" sagt, und Sie von der Sozialdemokratischen Partei, die den Menschen mehr versprochen hat, als sie letztlich finanziell halten konnte!

Die staatlichen Aufgaben sind unbestritten. Niemand will den Nachtwächterstaat, der nicht funktioniert. Aber neben den wichtigen Aufgaben der Infrastruktur, der Bildung und des sozialen Ausgleichs ist auch einmal die Frage nach den Kosten staatlicher Leistungen zu stellen. Haben Sie das wirklich ausreichend getan, oder haben Sie nur Schlagworte gepredigt: mehr privat, weniger Staat?

Wurde die Effizienz der Leistungserstellung wirklich überprüft in der Hoheitsverwaltung und in der Privatwirtschaftsverwaltung? Nur Mittagessen während der Dienstzeit ist halt zuwenig. Und das dann auch noch der Bevölkerung als Erfolg zu verkaufen, ist ganz spaßig. Haben Sie einmal bei der staatlichen Leistung über Kundenorientierung und über Treffsicherheit staatlicher Transfers nachgedacht? Hätten Sie das nämlich alles gemacht, dann – dessen bin ich mir sicher – würden wir heute in Österreich mit einer Steuer- und Abgabenquote auskommen, die nicht auf 45 Prozent steigt, sondern auf 40 Prozent heruntertendiert.

Der Budgetplan 1998/99 (Abg. Dr. Feurstein und Bundesminister Mag. Klima sprechen miteinander) – ich nehme an, daß ihn Herr Feurstein und der Herr Minister jetzt gerade ausmachen – wird die Basis für die Steuerreform 1999 sein, die natürlich vor der Wahl kommt; das ist eh klar. Aber wird dort auch die entsprechende Reform des staatlichen Leistungsapparates in der Effizienz, in dessen Leistungseinstellung, in der Bürgerorientierung, in der Treffsicherheit enthalten sein? Wird es gelingen, im Budgetprogramm 1998/99 den staatlichen Konsum zu senken im Hinblick darauf, daß wir größere Spielräume in der staatlichen Investition haben für die Zukunftssicherung und die Infrastruktur in diesem Land, für die Multiplikatoren?

Wird es uns gelingen, das Transfervolumen wirklich in der Menge zu senken und dennoch zielgerichtet auszurichten?

Meine Damen und Herren! Ich glaube, das sind die Fragen, die wir von der Opposition mit gutem Recht an Sie richten und wo wir darauf warten, wann dieses Budgetprogramm 1998/99 auf den Tisch kommt. Ich meine, es ist klug, daß Sie die zwei Budgets zusammenfassen wollen, und ich halte es auch für richtig, daß sie in zwei Etappen hier im Parlament verhandelt werden sollen, denn die Budgethoheit ist wohl eine der wesentlichsten Aufgaben des Hohen Hauses.

Insgesamt müssen das Ziel und die Forderung darauf ausgerichtet sein, die Steuer- und Abgabenquote in Richtung auf 40 Prozent zurückzuführen. Ich behaupte und unterstelle hier: Es lassen sich dieselben staatlichen Leistungen in derselben Qualität für die Menschen dieses Landes erbringen, wenn man sie produktiver, effizienter und zielgerichteter ausführt, mit 40 Prozent Steuer- und Abgabenquote und nicht mit 45 Prozent, wie Sie das hier zu vertreten haben. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Noch einmal: Die Abgeordneten von der Volkspartei verlangen "mehr privat, weniger Staat". Erzählen Sie doch bitte Ihren Wählern in der Wirtschaftskammer und sonstwo, daß Sie mitgestimmt haben, daß wir heute in Österreich eine Steuer- und Abgabenquote von 45 Prozent haben und daß wir damit in das EU-Spitzenfeld aufgerückt sind. Erzählen Sie das bitte! Aber argumentieren Sie es dann auch, daß Sie dafür die Verantwortung getragen haben. Wir von der Opposition haben uns dagegen verwahrt.

Der Beginn einer strukturellen und zukunftsorientierten Debatte über Grundeinkommen und Bürgergeld, so schwierig sie sein wird, wird uns, meine Damen und Herren im Hohen Haus, nicht erspart bleiben. Wir werden nur auf diesem Wege die Antwort finden, wie wir steigende Wertschöpfung in unserer Gesellschaft mit steigender Arbeitslosigkeit vereinen können, ohne Armut entstehen zu lassen. Die traditionelle absolute Bindung des Einkommens eines Menschen dieses Landes ausschließlich als Arbeitseinkommen oder als Einkommensersatz als Notstandshilfebezieher, Sozialhilfebezieher oder sonstiger Bezieher von Beihilfen – dieses System ist an


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