Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 53. Sitzung / Seite 73

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licherweise wird das Arbeitszeitregime, das die EU Gott sei Dank entwickelt hat, ohnehin noch einmal durch die Überprüfung vor dem Europäischen Gerichtshof, den Großbritannien anruft, weil es ja nicht einmal mit diesen minimalen Arbeitszeitregelungen der EU einverstanden ist, kippen. Vielleicht hofft Österreich inzwischen auch schon darauf, daß die Arbeitszeitrichtlinie der EU, die eine Minimalrichtlinie ist, kippt, denn dann könnten wir vielleicht auch mit unserem Ärztearbeitszeitgesetz durchkommen, dann wäre das alles nicht so schlimm.

Ich kann nicht darauf hoffen, denn es geht um sehr viel. Es geht um die Gesundheit der Patienten, es geht um die Gesundheit der Ärzte, und es geht auch darum – das sage ich als Sozialpolitiker –, daß durch ein eigenes Arbeitszeitgesetz für die Ärzte und das pflegende Personal eine Bresche in das gemeinsame Arbeitszeitrecht geschlagen wurde.

Jetzt gibt es eine Ausnahme für eine bestimmte Berufsgruppe. Vielleicht, Kollege Guggenberger, werden wir nächstes Jahr dann ein eigenes Arbeitszeitrecht für die Handelsangestellten beschließen und vielleicht übernächstes Jahr eines für eine andere Berufsgruppe – für die Politiker beispielsweise.

Ich bin nicht damit einverstanden, Kollege Guggenberger, daß man es sich hier so leichtmacht und Ausnahmen einfach augenzwinkernd oder augenzudrückend zur Kenntnis nimmt. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Guggenberger. )

Als großer Fortschritt ist uns angepriesen worden – es ist auch ein kleiner Fortschritt –, daß es dadurch ein einheitliches Arbeitszeitregime für alle Krankenanstalten gibt. Aber gleichzeitig, Kollege Guggenberger, ist nicht gesagt worden, daß es für die in privaten Krankenanstalten Beschäftigten dadurch auch zu Verschlechterungen kommen kann. Das halte ich für nicht unentscheidend! Man kann nicht nur hergehen und sagen: Ein großer Erfolg!, wenn man gleichzeitig weiß, es bringt unter Umständen auch Verschlechterungen für die in privaten Krankenanstalten Beschäftigten.

Es ist in der Ausschußberatung auch gesagt worden, die Beschäftigten wollen diese Ausnahmen, sie möchten auch in Zukunft möglichst lang arbeiten. Kollege Guggenberger, du hast es nicht gesagt, aber es ist im Ausschuß gesagt worden. – Die längeren Arbeitszeiten der Beschäftigten werden von ihnen nur deswegen gewünscht, weil das Einkommen sonst zu gering ist. Eine Banalität für das pflegende Personal! Es ist so! – Gleichzeitig sind die überlangen Arbeitszeiten, die es vorher gegeben hat und die auch nach diesem Arbeitszeitgesetz möglich sind, der Grund dafür, warum so viele in pflegenden Berufen Tätige früh, allzu früh, ihren Beruf aufgeben – der Durchschnitt der beruflichen Tätigkeit der in pflegenden Berufen Beschäftigten ist kürzer als ihre Ausbildungszeit.

Das spielt keine Rolle in Österreich! Wir haben es ja! Wir können uns das leisten, daß diplomiertes Krankenpflegepersonal im Durchschnitt nur ein paar Jahre beschäftigt ist. Das spielt keine Rolle. Wir müssen dann das Krankenpflegepersonal aus anderen Ländern importieren, wir müssen es hier beschäftigen, um es sozusagen nach unseren Regeln auszunehmen, wir müssen es unter gesundheitspolitisch und arbeitsmedizinisch bedenklichen Umständen beschäftigen und dann wieder nach Hause schicken. Dann nehmen wir wieder neue aus irgendeinem anderen Land, das bietet sich ja an – nur weil wir nicht mit unserer gesundheitspolitischen, mit unserer arbeitsmedizinischen und mit unserer sozialpolitischen Verantwortung zurechtkommen wollen.

Das liegt in erster Linie – das gebe ich schon zu – nicht in der Verantwortung des Bundesministers, sondern in jener der Länder. Kollege Leiner hat das klar gesagt: Der Föderalismus muß ziehen! – Am liebsten wäre ihm offensichtlich ein anderes Arbeitszeitrecht für Vorarlberg als für Wien; in Salzburg soll es in der Mitte liegen, weil Salzburg in der Mitte von Österreich liegt, und am längsten sollen wahrscheinlich die Vorarlberger und die Tiroler arbeiten dürfen – so ist das zu verstehen.

Ich halte es nicht für verantwortbar, daß man den Föderalismus dazu benützt (Zwischenruf der Abg. Silhavy ) , um unterschiedliche Arbeitszeitregelungen zu fordern, um unterschiedliche Anforderungen an pflegendes Personal und an Ärzte zu stellen. (Beifall bei den Grünen.)


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