Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 53. Sitzung / Seite 72

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12.56

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich könnte jetzt hergehen und den Bibelspruch, den Kollegin Motter für Kollegen Guggenberger zitiert hat, auch für Kollegen Leiner extemporieren und sagen: "Nimm dein Bett und geh, Kollege Leiner!" (Zwischenruf des Abg. Dr. Leiner. )

Ich wünsche viel Glück in diesen Krankenanstalten, in denen es nach wie vor nicht möglich ist, damit zu rechnen, daß man einen ausgeruhten Arzt, daß man ein ausgeruhtes Pflegeperson antrifft. Das ist das Problem. Wir Grüne stehen zu Arbeitszeiten für Ärzte- und Pflegepersonal, die aus gesundheitspolitischen und arbeitsmedizinischen Gründen verantwortbar sind.

Wenn Sie mir einen Arbeitsmediziner nennen können, Herr Kollege Leiner, der sagt, 60 Stunden ununterbrochener Dienst seien arbeitsmedizinisch vertretbar, dann bin ich froh und glücklich. Sie werden ihn nicht finden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Leiner. ) Wir Grüne können deshalb auch nicht zu einem eigenen Arbeitszeitrecht stehen, das nur aus Kostengründen – das ist der einzige Grund: nur aus Kostengründen – Ärzte und pflegendes Personal von den Arbeitszeiten in Arbeitszeitregelungen ausnimmt und für alle anderen beschäftigten Gruppen gelten soll. Da hat Kollegin Motter meiner Ansicht nach durchaus einen richtigen Hinweis eingebracht.

Meine Damen und Herren vor allem von der Sozialdemokratischen Partei! Sie waren bei der gestrigen Debatte über die Ladenöffnungszeiten sehr stolz, daß es möglich war, für die im Handel Beschäftigten eine "Arbeitsruhe" als Ersatz für die Samstagarbeit einzuführen. Wir wären sehr froh, wenn es entsprechende Arbeitsruheregelungen auch für das pflegende Personal und für die Ärzte gäbe. Es ist nicht einzusehen, daß es ein unterschiedliches Arbeitszeitrecht gibt, nur weil den Ländern das Geld und auch die Bereitschaft fehlen, tatsächlich ein gemeinsames Arbeitszeitrecht zu akzeptieren. (Beifall bei den Grünen.)

Kollege Guggenberger! Du hast sehr schön erklärt, wie es zu diesem Gesetz gekommen ist. Du hast aber nicht erklärt, warum wir jetzt dieses Gesetz in dieser geänderten Version haben: weil es der ÖVP gelungen ist, mit einem Vertagungsantrag noch einige Verschlechterungen durchzusetzen. Das können wir als Resümee dieser Entwicklung betrachten.

Das kann es doch nicht sein, daß wir auch noch darauf stolz sein sollen, daß wir Verschlechterungen in diesem ohnehin schon knapp die EU-Standards erreichenden ursprünglichen Entwurf erreicht haben. Da gibt es nichts, weswegen man sich auf die Schulter klopfen kann. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Ich halte den ursprünglichen Entwurf, den Herr Minister Hums eingebracht hat, gerade noch für akzeptabel. Ich habe das auch im Ausschuß und auch hier im Hohen Haus bereits vertreten. Ich halte das gerade noch für akzeptabel, aber es ist auch bei diesem ursprünglichen Entwurf ein trauriges Zeichen, daß wir nur dazu gekommen sind, weil uns eine EU-Arbeitszeitrichtlinie das aufdrängt.

Das muß man auch einmal festhalten, daß Sie nur deswegen dazu bereit waren, dieses Recht zu beschließen, weil Sie wissen, Sie können nicht anders, Sie müssen es machen. – Damit habe ich auch schon das nächste Problem beschrieben, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Pumberger: Der ÖVP ist der Patientenschutz egal!)

Meine Damen und Herren! Das nächste Problem: Wir können mit dem, was wir hier im Ärztearbeitszeitgesetz paktiert haben, den EU-Standards nur dann gerecht werden, wenn wir nicht nur mit den Augen zwinkern, sondern beide Augen zudrücken. Die Übergangsbestimmungen, die enthalten sind – das sagt auch der Verfassungsdienst, Kollege Guggenberger –, sind nicht EU-konform. Sie sind beim Ärztearbeitszeitgesetz genauso wenig EU-konform, so wie die langen Übergangszeiten beim ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das wir danach diskutieren, nicht EU-konform sind!

Na gut, zucken wir mit der Schulter! Kann man halt nichts machen, das ist halt so in Österreich! Wir werden uns schon irgendwie durchschwindeln! Wir können schon damit rechnen, daß die EU-Kommission oder sonst irgendwer, der sich mit dieser Sache beschäftigt, das Ganze für Österreich nicht so tragisch nehmen wird. – Möglicherweise wird uns nichts passieren, mög


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