Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 53. Sitzung / Seite 71

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mentierung Platz greifen darf. Viele Ärzte arbeiten nach dem Dienst auch noch in einem Labor und möchten sich auch für die Gesellschaft, für die Patienten wissenschaftlich betätigen.

Natürlich dürfen dort, wo der Patient betroffen ist, wo der psychische Druck des Patientenleids und die Verantwortung über Leben und Tod mitspielen, Monsterdienste nicht mehr der Normalfall sein. Das ist durch dieses Gesetz geregelt worden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. ) Das ist weder für den Patienten noch für den Arzt gut. Das wissen wir alle, das wissen auch Sie, Herr Kollege Pumberger! Wir wissen ja auch, wie hoch die Selbstmordrate bei den Kollegen gerade auch wegen ihrer Überarbeitung ist. (Abg. Dr. Pumberger: Weil Sie kein ordentliches Arbeitszeitgesetz schaffen! Das ist Ihre Schuld! Geben Sie es wenigstens zu!)

Wir müssen eben für das Ärzte- und Pflegepersonal ein Recht schaffen, das menschenwürdig ist und das auch für die Patienten günstig und gut ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir müssen aber auch danach trachten, daß die Kontinuität gewährleistet ist. Sie wissen ganz genau, es ist nicht gut, wenn jeden Tag ein anderer Arzt bei den Patienten ist. Wir müssen schauen, daß immer die Kontinuität der Patientenversorgung gewährleistet ist, und sie ist auch durch dieses Gesetz gewährleistet worden.

Ich bin sehr froh, daß wir im Parlament den Konsens zwischen berechtigtem Arbeitnehmerschutz, Patienteninteressen und der Realität in den Spitälern draußen geschaffen haben und die Bundesländer nun mitgehen können.

Es hat da eine gewisse Verwirrung gegeben, denn in der EU wurde einfach festgestellt, daß praktizierende Ärzte in den Krankenhäusern nicht in die Arbeitszeitregelung miteinbezogen werden sollten. Ich bin dafür, und ich bin sogar sehr dafür, daß diese praktizierenden Ärzte – da waren jene gemeint, die 14 Tage oder drei Wochen im Krankenhaus praktizieren –, die natürlich ein Arbeitsverhältnis haben, in die Arbeitszeitregelung miteingebaut werden müssen. Ich wäre sonst nie mitgegangen, und ich bin auch davon überzeugt, daß das unbedingt notwendig ist.

Ich möchte nur vor etwas warnen: Wir müssen aufpassen, daß einerseits die vielen jungen Mediziner, die von der Uni kommen – Stichwort Ärzteschwemme –, nicht ausgenützt und ausgebeutet werden. Auf der anderen Seite müssen wir aufpassen, daß es nicht zu einer starken Betonung einer gewerkschaftlich streng reglementierten Jobmentalität kommt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. )

Was meine ich denn mit Jobmentalität? – Man signalisiert uns vom Kostenträger, die Medizin ist ein Job wie jeder andere, man bekommt einen Kurzzeitjob mit relativ wenig Gehalt, in Wien von 8 Uhr bis 13 Uhr, inklusive vier Nachtdienste. Man soll sich daneben aber einen zweiten Job suchen, Privatordination oder sonst irgendeinen. Daß es trotzdem viele engagierte und gewissenhafte Ärzte gibt, spricht für die Ärzte, aber nicht für das System. Auf das möchte ich wirklich noch hinweisen.

Mehr Zeit, menschliche Zuwendung zum Patienten bei allen Heilberufen ist das anzustrebende Ziel. Es ergeben sich beim Pflegepersonal und bei den Ärzten die gleichen Probleme. Es muß einerseits danach getrachtet werden, eine verstärkte persönliche Zuwendung zum Beruf und zunehmend zum Patienten zu fördern, auch zu belohnen, andererseits muß vermieden werden, daß unter ständigem Hinweis auf die hohe ethische Verantwortung mit der Menschengruppe, die sich um die kranken Menschen bemüht, hintergründig ein Ausnützungssystem betrieben wird. Das gab und gibt es vielfach, wie ja überhaupt dort besonders viel von Ethik die Rede ist, wo man berechtigte Forderungen eines anderen desavouieren will. Wer immer den goldenen Mittelweg in dieser Situation geht, hat sich richtig entschieden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


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