Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 53. Sitzung / Seite 129

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Herr Dr. Haider! Wenn Sie schon meinem Kollegen Professor Van der Bellen nicht glauben, wie er aus Zeitschriften zitiert, weil Sie offensichtlich andere Übersetzungen aus dem Englischen zu haben pflegen, will ich es mit einem Beitrag aus der "Neuen Zürcher Zeitung" versuchen. Das ist eine Zeitung, die Sie auch schon öfter zitiert haben, wenn es Ihnen in den Kram paßt. Deshalb will ich versuchen, darzustellen, was die "Neue Zürcher Zeitung" zu diesem Thema sagt.

Gehen wir wirklich in die Inflationsgemeinschaft, oder ist nicht eher die Gefahr, Herr Dr. Haider, daß wir bereits in der Deflationsgemeinschaft drinnen sind? Ich bringe Ihnen einen ganz unverdächtigen Zeugen aus der "Neuen Zürcher Zeitung". Es ist eine Stellungnahme der Schweizerischen Bankgesellschaft. Da heißt es:

Einer kritischen Beurteilung werden die Maastrichter Pläne auch von Londoner Ökonomen der Schweizerischen Bankgesellschaft unterzogen. In ihrer Sicht sind die Konvergenzkriterien, die sich weitgehend auf Preisstabilität unter Auslassung anderer Ziele konzentrieren, veraltet und entsprechen nicht mehr den aktuellen wirtschaftlichen Erfordernissen Europas. Da die Weltwirtschaft immer enger integriert sein und die Konkurrenz durch rasch wachsende und effiziente asiatische und lateinamerikanische Länder immer heftiger werden, sei das zentrale wirtschaftspolitische Problem – jetzt passen Sie auf, Herr Dr. Haider! – nicht mehr in der Bekämpfung von Inflation und Budgetdefiziten, sondern in der Sicherstellung von Wachstum und Beschäftigung zu sehen. – Zitatende.

Die Bemühungen der EU-Länder, die Konvergenzkriterien so gut wie möglich zu erfüllen, haben zu einer kompetitiven Deflation geführt, nicht zu einer Inflation, Herr Dr. Haider! "Kompetitiv" werden Sie sich hoffentlich übersetzen können. Es ist das Problem dieser Europäischen Union, daß uns nicht eine Inflation bedroht, sondern daß uns die deflationäre Entwicklung, gerade durch den Sparkurs aller europäischen Länder, bedroht. Das ist das Problem, das Sie noch beklagen werden, nämlich die Auswirkungen dieser deflationären Entwicklung.

Die Auswirkungen auf die Beschäftigung werden Sie zu Recht kritisieren: Während in Europa wegen dieser Politik Millionen arbeitslos werden, stellen Sie sich schon wieder auf das andere "Bäumchen" hin, nämlich zum Herrn Waigel aus Deutschland, und Sie fordern mit ihm noch schärfere Kriterien ein, nach denen sich die Arbeitslosigkeit in Europa noch dramatischer entwickeln würde.

Das ist Ihr Problem, Herr Dr. Haider, daß Sie vor lauter schnellem "Bäumchen-wechsle-dich" nicht mehr wissen, was eigentlich Ihre Position ist. Ich frage Sie: Wollen Sie wirklich im Europa von morgen noch mehr Blut und Tränen? Wollen Sie wirklich, daß sich die Arbeitslosigkeit durch das Ankurbeln von Stabilitätskriterien noch erhöht? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie haben nicht aufgepaßt!) – Das haben Sie aber gerade vorhin gefordert in Ihrer Rede. Das ist Ihre Politik! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie verdrehen ja die Worte im Mund! Sie sind ja unfähig für eine Politik ... !)

Ich kann nur sagen: Wenn die Österreicherinnen und Österreicher Ihnen das glauben würden (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler ) – sie tun es ja nicht –, wäre das mit Sicherheit eine Politik, die zu höherer Arbeitslosigkeit führen würde (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist doch paradox, was Sie da von sich geben!) , die verhindern würde, daß es tatsächlich eine europäische Initiative für soziale Kriterien, für Beschäftigungspolitik gibt, eine Politik, die nicht verhindern würde, daß noch mehr Blut und Tränen in Europa fließen müssen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sagen Sie, haben Sie noch nie mitgekriegt, daß wir für eine bessere Wirtschaftspolitik eintreten?!)

Das ist Ihr Problem, daß Sie bei dieser Geschwindigkeit offensichtlich nicht mehr sehen, wo eigentlich Ihr Standpunkt ist, Herr Dr. Haider! Sie haben heute – so richtig es wäre, über den Euro zu diskutieren, weil es viele Punkte gibt, die kritisch sind (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger ) – Ihrem eigenen Thema und einer Diskussion über die Europäische Währungsunion, die wir dringend nötig hätten, durch die Art und Weise, wie Sie sie angepackt haben, wie Sie sie noch dazu totgemacht haben durch die CA-Geschichte, einen schlechten Dienst erwiesen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Krüger: Was ist denn deine Meinung zur Bank Austria?)

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