Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 53. Sitzung / Seite 184

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vertrete ich den Standpunkt: Wie kommt das Kleinkind dazu, daß es von einer unvernünftigen Mutter potentiell geschädigt wird?

Meine Erfahrung war folgende: Dank des Mutter-Kind-Passes hatten wir eine fast hundertprozentige Erfassung der Mütter. Und Sie können es jetzt bedauern oder nicht: Durch die Geldleistung haben wir meiner Meinung nach die Untersuchungsrate verdoppeln können. Ich glaube, es ist das große Verdienst von Minister Bartenstein, daß er es trotz des notwendigen Sparpakets geschafft hat, Geld – mit Hilfe der Ärzte und durch Umschichtungen – zur Verfügung zu stellen, sodaß wir nicht zu einem Art Großversuch kommen. Denn für mich wäre es ein Großversuch gewesen, wenn man gesagt hätte: Wir warten ein, zwei Jahre, schauen, ob die Säuglingssterblichkeit steigt, und wenn ja, dann schreiten wir ein. – Ich glaube, das wäre unverantwortlich gewesen!

Eine Katastrophe tritt selten ein, aber für den, den sie trifft, ist sie eine maximale Katastrophe, sei es eine Behinderung oder ein Todesfall. Wenn man sich neun Monate lang auf ein Kind freut und dann draufkommt, daß ein Fehler, vielleicht sogar ein überflüssiger Fehler passiert ist, dann hängt einem das oft das ganze Leben nach.

Ich glaube, eine gute Familienpolitik muß, kombiniert mit einer guten Gesundheitspolitik, dafür sorgen, daß vermeidbare Fehler nicht auftreten. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Sinne möchte ich meine Rede schon beenden. Ich möchte Minister Bartenstein noch einmal danken, daß er uns den Mutter-Kind-Paß als Weltklasseinstrument weiterhin erhalten hat! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Brigitte Tegischer. Sie hat das Wort.

21.07

Abgeordnete Brigitte Tegischer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! In meinem Beitrag zur Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes möchte ich nur ganz kurz zu zwei Punkten Stellung nehmen.

Erstens zum Kinderbetreuungsscheck: Viele Bedenken hat meine Kollegin Mertel bereits ausführlich geäußert. Ich möchte darauf eingehen, daß die Kindergartengesetze aller neun Bundesländer den pädagogischen Auftrag von Kindergärten betonen und diese als Erziehungs- und Bildungseinrichtungen definieren. Durch die Bildung von vielen verschiedenen Formen des Zusammenlebens haben sich logischerweise auch die Anforderungen an die Gesellschaft geändert. Die österreichischen Kindergärten sind damit Einrichtungen, die die Kindererziehung wertvoll unterstützen und ergänzen.

Als Sozialarbeiterin möchte ich einen weiteren Grund dafür anführen, warum ich es für bedenklich halte, daß der Kinderbetreuungsscheck eingeführt wird. Ob Eltern ihre Kinder in hochwertigen Kinderbetreuungseinrichtungen unterbringen oder nicht, wäre nach der Einführung des Kinderbetreuungsschecks gänzlich den Eltern überlassen. Gerade für sozial schwächere Familien ergibt sich aufgrund ihrer finanziellen Engpässe und ihrer materiellen Not folgendes Problem: Sie stehen vor der Frage, ob sie das Geld aus dem Kinderbetreuungsscheck für den Besuch ihres Kindes in einem Kindergarten ausgeben oder ihre finanzielle Lage insgesamt verbessern sollen. Anders ausgedrückt: Sie werden sich die Frage stellen: Was ist besser für mein Kind: Die existentiellen Grundbedürfnisse der gesamten Familie zu decken oder durch den Kindergartenbesuch dem Kind Hilfe und Unterstützung für seine Entwicklung zu geben?

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch noch betonen, wie wichtig das Fachpersonal in Kindergärten bei der Setzung von vorbeugenden Maßnahmen gegen Gewaltanwendung und Mißbrauch an Kindern ist. Bitte vergessen Sie das nicht! Diese Möglichkeit sehe ich gefährdet, wenn Eltern ihre Kinder überhaupt nicht mehr in Kinderbetreuungseinrichtungen geben. Gerade solchen Familien müssen wir helfen, ihre Situation zu verbessern, indem wir Kinderbetreuungseinrichtungen verbessern und ausbauen.


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