Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 22

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Das Arbeitsprogramm der Bundesregierung für diese Gesetzgebungsperiode ist ambitioniert. Mit der Umsetzung im Interesse unseres Landes liegen wir im internationalen Vergleich in guter Position. Ich ersuche die Damen und Herren des Hohen Hauses, die Bundesregierung bei diesen Maßnahmen zu unterstützen, und danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Langanhaltender Beifall bei der SPÖ.)

14.16

Erklärung des Vizekanzlers zum Thema Privatisierung, Kapitalmarktreform sowie zum Verkauf der CA-Bundesanteile

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erteile nunmehr Herrn Vizekanzler Dr. Schüssel zur Abgabe seiner Erklärung das Wort. – Bitte.

14.16

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Diese Sondersitzung wurde auf Antrag der Österreichischen Volkspartei einberufen, und ich glaube, daß dies auch der geeignete Moment ist, um über eine der größten, ja die größte wirtschaftspolitische Strukturentscheidung hinsichtlich unseres Privatisierungsprogramms unmittelbar nach der Diskussion auf Regierungsebene im Koalitionsausschuß auch das Hohe Haus, alle Fraktionen und durch die Fernsehberichterstattung auch die österreichische Öffentlichkeit zu informieren.

Ich teile die Auffassung meines Vorredners, daß wir wirtschaftlich international verflochten sind, daß wir uns einem zunehmend intensiveren Wettbewerb ausgesetzt sehen, den wir ganz einfach nicht umgehen können. Umso mehr müssen wir den Wirtschaftsstandort Österreich optimal absichern und zu stärken versuchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir müssen daher die Rahmenbedingungen so setzen, daß die marktwirtschaftliche Dynamik wirkt, Wohlstand und Beschäftigung für möglichst viele geschaffen werden, zugleich aber auch ein sozialer Ausgleich für die Schwächeren und ein auf Nachhaltigkeit gerichteter Umgang mit finanziellen Ressourcen und mit der Umwelt stattfindet. Dafür stehen wir, das ist unsere gemeinsame Linie, diese Politik umfaßt jedoch mehrere Teilbereiche, die vernetzt sind und als Ganzes gesehen werden müssen.

Dazu gehört die Basis der gesunden Staatsfinanzen. Es ist sehr erfreulich, gerade in diesen Tagen zu hören, daß statt eines drohenden Budgetdefizits von 150 Milliarden Schilling, wie es der Kassasturz Anfang dieses Jahres ergeben hätte, das Nettodefizit unter 90 Milliarden Schilling gedrückt werden konnte. Nur: Wem ist das zu verdanken? – Einer gemeinsamen Anstrengung, die durch umfangreiche und rückhaltlose Ehrlichkeit – auch gegenüber der österreichischen Öffentlichkeit – erzwungen wurde. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens gehört die Teilnahme Österreichs an der Wirtschafts- und Währungsunion und somit am Euro von Beginn an zu dieser Gesamtstrategie zur Stärkung unseres Wirtschaftsstandortes dazu. Weiters gehört der Rückzug des Staates und der öffentlichen Hand – auch der Gemeinden – aus der Wirtschaft, aus den Banken – also echte Privatisierungen – dazu, es gehört die Stärkung des Finanzplatzes Österreich, Wien – im besonderen Risikokapital, Börse – dazu, eine flexiblere Arbeitswelt – hier stehen Reformen noch aus – und ein aktives Verwaltungsmanagement, das sicherstellt, daß der öffentliche Sektor genauso rationalisiert, wie das heute im privaten Sektor, in der privaten Wirtschaft, unumgänglich geworden ist.

Wie wichtig dieses Gesamtkonzept ist – wenn ein Stein herausgebrochen wird, ist das Gesamtkonzept gefährdet –, zeigen internationale Beispiele, aber auch eigene bittere Erfahrungen. Wir haben in Österreich beispielsweise in den achtziger Jahren mit staatlichem Mißwirtschaftsmanagement erhebliche und negative Erfahrungen gemacht. Der Steuerzahler wird weit bis ins 21. Jahrhundert noch viele Milliarden Schilling dafür bezahlen müssen, daß man geglaubt hat, alles, was groß ist, ist automatisch schon und per se gut. Dieser Irrtum sollte vermieden werden.


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