Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 96

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

zuviel Bürokratie, was sollen wir denn tun? Na, beschließen Sie weniger und erfüllbarere Gesetze! Das ist doch ganz einfach. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich werde Ihnen ein schönes Beispiel bringen, was die Koalitionsparteien anläßlich des Konsolidierungsprogramms, des Strukturanpassungsgesetzes in diesem Hohen Haus beschlossen haben, und zwar mit den Stimmen der Österreichischen Volkspartei selbstverständlich.

Wenn heute ein Mitarbeiter vom 20. Dezember bis zum 10. Jänner Gott sei Dank einen Job bekommt – bei 36 000 Arbeitslosen allein in der Tourismuswirtschaft! –, dann verdient er in den zehn Tagen im Dezember und in den fünf oder sechs oder sieben Tagen im Jänner, die er beschäftigt ist, mehr als die Mindestgrundlage von 3 840 S – mit dem Endeffekt, daß er für den gesamten Dezember das Stempelgeld zurückzahlen muß und für den gesamten Jänner keines bekommt. Das heißt, es wäre von ihm viel klüger gewesen, zu Hause zu bleiben und nicht zu arbeiten, statt arbeiten zu gehen, weil er das Dezemberstempelgeld zurückzahlen muß und im ganzen Jänner keines bekommt.

Das sind die Gesetze, die Sie hier beschlossen haben und für die Sie Mitverantwortung tragen, Herr Bundesminister Klima felix! Aber das sind alles keine Probleme. Offensichtlich ist das unter Ihrem Wahrnehmungshorizont.

Die Entscheidungsstrukturen sind in diesem Land so verfilzt, daß ich mich wahrhaft frage, ob es sinnvoll ist, wenn diese große Koalition noch lange Zeit ihren Weg fortsetzt. Wir haben als Liberale immer betont: Sie haben die Verantwortung übernommen – arbeiten Sie zusammen, lösen Sie die Probleme! Nur: Sie erklären uns lediglich, wie Sie sie lösen werden, Sie reden nur darüber, was Sie tun werden, aber wenn es dann wirklich zum Knackpunkt kommt, dann geschieht nichts, dann beschließen Sie Gesetze von der Qualität, wie ich sie vorhin genannt habe. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Besonders betroffen macht mich das Versagen dieser Bundesregierung in der Europäischen Union. Wir Liberalen haben den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union immer befürwortet, aus vollem Herzen befürwortet, weil wir ihn gesellschaftspolitisch und langfristig für richtig halten. Nur: Wo sind Ihre ganz konkreten Initiativen? Wo waren Sie treibend im Bereich der Ökologisierung des Steuersystems tätig? Sie haben doch tatsächlich die Stirne gehabt, uns heute zu erklären, Sie hätten Schritte in Richtung Ökologisierung des Steuersystems unternommen.

Herr Bundesminister! Das klare Gegenteil haben Sie getan: Sie haben alles Vertrauen, das die Menschen in diesem Lande jemals in die Ökologisierung des Steuersystems hatten, vernichtet, indem Sie sehr wohl die Energiesteuern angehoben, aber die Arbeitskosten nicht gesenkt haben. Das ist eine Desavouierung des ökologischen Steuersystems! Das ist Mißtrauen, das Sie in diesem Land gesät haben! Sie haben nichts weitergebracht.

Wo, Herr Bundesminister für Finanzen, haben Sie Initiativen gesetzt, daß wir zumindest europaweit darüber nachdenken können, wie wir den Produktionsfaktor Kapital besteuern können? Wir übersteuern die Arbeit, wir übersteuern damit die Arbeitskosten, wir haben Arbeitskosten, die wir uns nicht mehr leisten können, und das mobile Kapital rutscht uns überall aus den Besteuerungsmöglichkeiten hinaus. Das ist eine ureuropäische Aufgabe!

Herr Bundesminister! Haben Sie sich für eine "tobin tax" für Derivate eingesetzt? Haben Sie – Österreich als kleines, aktives Land sollte dies tun – in der Europäischen Union für die Möglichkeiten, die wir als Europäer im Steuerbereich gemeinsam haben, Initiativen gesetzt?

Herr Bundesminister für Finanzen! Ich meine, daß Ihre Darstellung der Realität in Österreich vielleicht in der Himmelpfortgasse so sein mag, wie Sie sie hier geboten haben, sie ist aber nicht so auf dem flachen Land. Ich wünsche Ihnen dennoch in Ihrer Funktion als Bundeskanzler alles Gute! (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.00


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite