Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 104

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dann sieht man, daß es da große Unsicherheit gibt und die Dynamik, die entstehen kann, alles andere als positiv sein kann.

Was mich dabei stört – leider haben Sie das heute durch Ihre euphorische Präsentation der Wirtschafts- und Währungsunion unterstrichen –, ist, daß Sie die Wirtschaftspolitik und die Rahmenbedingungen, die es dabei gibt, gleichsam als naturwissenschaftliche Fakten demonstrieren und so tun, als seien es unverrückbare und sicher in Kraft tretende Maßnahmen, die genauso kommen werden, wie Sie sie am runden Tisch planen.

Wahrscheinlich ist nichts so wenig vorhersehbar wie die Dynamik, die auf den Weltmärkten und in den Währungsmechanismen entstehen kann, und es wäre richtig, dabei stärker politisch zu agieren und sich nicht ausschließlich den ökonomischen Sachzwängen unterzuordnen. Deshalb halte ich es für falsch, wenn Österreich angesichts der Struktur, die es mit einer europäischen Währung geben wird, in den Diskussionen auf europäischer Ebene nicht genauso vehement wie beispielsweise Frankreich für einen Stabilitätsrat eintritt.

Ich halte es für notwendig, daß sich die Politik auf europäischer Ebene, insbesondere bei der Währungsunion, weit mehr einmischt und politische Rahmenbedingungen setzt, vor allem im Bereich der Beschäftigungspolitik, und nicht bedingungslos den Sachzwängen unterliegt, sodaß es zu Ausdrücken wie "Europäische AG" kommt. Offensichtlich sind wir als Republik Österreich jetzt das Tochterunternehmen, die "Österreich AG", und haben den Bundeskanzler als Manager ... (Bundesminister Mag. Klima: Frau Langthaler! Das ist ein technisches Projekt einer Aktiengesellschaft, die keinen Sitzstaat hat! Sie haben mich mißverstanden!) Nein, die Wirtschafts- und Währungsunion ist kein technisches Projekt für mich, sondern ein politisches Projekt. (Bundesminister Mag. Klima: Nein, darum geht es nicht! Es soll eine Aktiengesellschaft geschaffen werden, die keinen Sitzstaat mehr hat! Es geht um Rechnungslegungsvorschriften! Ich habe nicht das Bild "Europa als AG" dargestellt! Sie haben mich mißverstanden!)

Dann hoffe ich sehr, daß ich Sie in diesem Zusammenhang mißverstanden habe und daß es nicht dazu kommt, daß Sie dieses Projekt als ausschließlich technokratisches betrachten. (Abg. Haigermoser: Kleines Koalitionsgeplänkel! Sie werden doch nicht die Ampel schon in den Anfängen zerstören!) Nein, beim zukünftigen Bundeskanzler brauchen wir keine Sorgen zu haben. Da werdet ihr euch viel besser und schneller verstehen, fürchte ich, als wir. (Abg. Haigermoser: Sie ziehen der Ampel den Stecker heraus, das ist ja furchtbar! Der Ampelstrom kommt aus dem Stecker!) Sie werden da kräftig mithelfen, und einer baldigen Verlobung steht wahrscheinlich nichts mehr im Wege.

Ich freue mich aber trotzdem, wenn ich Sie da mißverstanden habe, und hoffe sehr, daß Sie als zukünftiger Bundeskanzler weniger als in den letzten Jahren diesen einseitigen zeitgeistigen Meinungen unterliegen und sich die Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht mehr denn je als politisch gestaltender Faktor zurückzieht.

Der zweite Anlaß für diese Dringliche Anfrage – darüber sollte man sprechen – ist die kurze Zeit, die Sie Finanzminister waren, und sind Ihre Erfolge oder Mißerfolge.

Zugegeben: Sie haben ein Doppelbudget zustande gebracht, mit dem wir uns relativ zügig den Maastricht-Kriterien genähert haben. In Vorbereitung dieser Debatte habe ich – Sie werden ihn kennen – den OECD-Wirtschaftsausblick vom Dezember 1996 durchgelesen. Ich halte es für wichtig, ihn in diesem Zusammenhang zu diskutieren, denn er zeigt, daß es der Finanzminster zwar geschafft hat, sich in den Jahren 1996 und 1997 aufgrund eines enormen Belastungspaketes den Konvergenzkriterien zu nähern, daß es aber wegen der vielen nur einmal gesetzten Maßnahmen für die zukünftigen Budgets nicht so gut aussieht. Ich zitiere aus diesem OECD-Bericht, in dem steht, daß im Zweijahreshaushalt für 1996 und 1997 bei den Sozialleistungsprogrammen zwar eine Reihe von Strukturreformmaßnahmen gesetzt wurde, jedoch 1997 viele nur einmalige Einsparungen wirksam werden. Sofern keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden, unterstellt das OECD-Sekretariat in seinen Projektionen eine neuerliche Ausweitung des Haushaltsdefizits auf etwa 3,5 Prozent des BIP im Jahr 1998 sowie eine weitere Zunahme der Staatsschuldenquote.


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