sei es in Form von mehr Freiheit – für die Arbeitnehmer sein. Das kann nicht nur zu Lasten der Arbeitnehmer gehen, indem jederzeitige Verfügbarkeit auf der Tagesordnung steht oder indem Überstundenzuschläge wegrationalisiert werden. Das ist nicht die Reform, die wir meinen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Reform sollte, vor allem in der öffentlichen Verwaltung, als ständiger Veränderungsprozeß verstanden werden, als das, was Minister Klima als Projekt des intelligenten Wandels bezeichnet hat.
Auch da müssen wir bei unserer parlamentarischen Arbeit aufpassen, daß uns keine Fehler passieren. Ich nenne einen Fehler, für den die Sozialdemokratische Partei ganz sicherlich nicht mitverantwortlich ist, nämlich das Desaster bei der Krankenscheingebühr. Wir wollten immer, daß durch einen geringen Zuschlag bei der Krankenversicherung, etwa von 0,1 Prozent – 0,05 Prozent für Arbeitnehmer und 0,05 Prozent für Arbeitgeber – eine viel bessere Lösung gefunden wird. (Abg. Dr. Haider: Beschlossen habt ihr es mit! – Abg. Dr. Feurstein: Sie wollten eine Erhöhung der Lohnnebenkosten!)
Diese Lösung ist nun eine – und ich sage das selbstkritisch für das ganze Haus –, die sowohl für die Unternehmer schlecht ist, weil sie einen riesigen Bürokratieaufwand verursacht, die aber auch für die Arbeitnehmer sehr schlecht ist. Wir haben derzeit eine Fülle von Beschwerden, etwa von Arbeitslosen, vorliegen, die gezwungen werden, in die Bezirkshauptstadt zu fahren und vom AMS, vom Arbeitsmarktservice, den Krankenschein zu holen. – Eine völlige Absurdität, daß man für einen Krankenschein vielleicht zwei Stunden Fahrt in Kauf nehmen muß!
Wenn jemand von der Krankenscheingebühr befreit ist, muß sich der Betreffende beim AMS einen Krankenschein holen, dann zur Krankenkasse gehen, dort die Bestätigung einholen, daß er von der Gebühr befreit ist, und dann muß er wieder zum AMS, um die 50 S zu holen. Das ist etwas, was unbedingt geändert werden muß.
Das nur zum Thema Reform. Dort müssen wir mit den Reformen ansetzen, und wir dürfen hier nicht Maßnahmen beschließen, die ineffizient sind.
Unser Vorschlag, nämlich die Gebühr, die Versicherung etwas zu erhöhen, wäre der viel, viel bessere Weg gewesen. In diesem Sinne meine ich auch, daß zur Reform auch ein bestimmtes Ausmaß an Ehrlichkeit gehört, Ehrlichkeit zum Beispiel im Zusammenhang mit dieser Krankenscheingebühr, Ehrlichkeit zum Beispiel dann, wenn jene, die das öffentliche Eigentum ablehnen, das in Niederösterreich, in Oberösterreich, in Salzburg, bei den öffentlichen Unternehmungen, bei den EVUs et cetera begrüßen, Ehrlichkeit dann, wenn eine Partei zum Beispiel die Haftung der Gemeinden bei den Sparkassen ablehnt, das aber nicht tut, wenn es um Landeshaftungen bei den Landeshypos geht, Ehrlichkeit dann, wenn jemand von liberaler Gewerbeordnung spricht und im Entwurf dieser Gewerbeordnung durch ein Gebietsmonopol et cetera die Monopolstellung der Rauchfangkehrer neuerlich mitverankert ist.
Wenn wir über Reform reden, müssen wir hier in diesem Haus auch die notwendige Ehrlichkeit an den Tag legen.
Ein letzter Punkt. Unter Reform sollten wir einen ständigen Veränderungsprozeß, einen Anpassungsprozeß auch an eine sich ändernde Wirklichkeit verstehen. In den letzten zehn Jahren ist in Österreich das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf um 5 Prozent stärker gewachsen als im EU-Durchschnitt. Beim BIP liegen wir pro Kopf um 10 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Die Arbeitslosenrate ist zwar angestiegen, sie ist aber im EU- Schnitt immer noch geringer als die Hälfte. Wir sind auch, was die Inflationsrate angeht, pro Jahr um 2 Prozentpunkte unter dem EU-Schnitt gelegen, und wir sind in der Tat ein sicheres Land.
Wenn wir, wie eingangs bei dieser Anfrage, auch über Staatsschuld reden, so muß doch allen klar sein, daß es da nicht um absolute Beträge geht, sondern daß es um Relationen geht, insbesondere um die Relation zum Bruttoinlandsprodukt, und daß die Staatsschuld 1996, 1997, 1998 in dieser Relation sinken wird.