Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 41

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Herr Abgeordneter Schwimmer, wenn Sie sagen, man mußte erst Erfahrungen sammeln und deswegen habe man solch extreme Kurzzeitverträge zugelassen, dann frage ich: Mit wem haben Sie denn da Erfahrungen gesammelt? Doch nicht mit Menschen, mit Familien oder Expertinnen und Experten! Wir haben hier ein großes Hearing gehabt, und alle, von der Caritas bis zur Arbeiterkammer, Leute, die im sozialen Bereich kompetent sind, haben gesagt, was passieren wird und daß derartige Verträge absolut unverantwortbar sind. Aber Sie sagen jetzt hier, man mußte Erfahrungen sammeln.

Wenn eine der Parteien, die sich gerne selbst als staatstragend bezeichnet, hier zugibt, daß man da Menschen als legistische Versuchsobjekte eingesetzt hat, dann ist das genau einer jener Gründe, der für die sprichwörtliche Regierungspolitikverdrossenheit in diesem Lande verantwortlich ist. (Abg. Kiermaier: Aber wo denn? Das ist doch nicht wahr!)

Meine Damen und Herren! Stadtnomadentum, kurzfristige Mietverträge sind menschenunwürdig. Ein Vertreter der Regierungsparteien, der Abgeordnete Schwimmer, hat das hier gesagt. Ja ich frage Sie wirklich, auch die Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion: Wer hat denn diese menschenunwürdigen Zustände beschlossen? Wer hat denn diese über Jahre geduldet? (Abg. Eder: Die beschließt doch niemand, die sind entstanden! – Abg. Dr. Khol: Wer beschließt menschenunwürdige Zustände?)

Herr Abgeordneter Eder, Sie sagen – Sie haben es im Ausschuß gesagt und Sie haben es jetzt in Zwischenrufen gesagt –, eigentlich bräuchten wir unbefristete Mietverträge. (Abg. Eder: Grundsätzlich!) Ja, Herr Abgeordneter Eder, genau das brauchen wir! Es ist genauso verheerend, unverantwortlich und menschenunwürdig, wenn eine Familie nach zehn Jahren das Dach über den Kopf verliert, wie wenn sie es nach drei Jahren verliert. In zehn Jahren, da gibt es kleine Kinder, da gibt es eine Schule, die besucht wird, da gibt es einen Arbeitsplatz. Es ist menschenunwürdig, das alles zu verlieren. Aber trotzdem beschließen Sie es hier! Ja ich frage mich: Warum denn?

Sie können doch nicht immer sagen, es ist der Koalitionspartner oder es ist die FPÖ, die in diesem Punkt offenbar genau dieser Meinung ist, nämlich auch für die Beibehaltung der befristeten Verträge eintritt. Sie müssen doch dann sagen: Ja bitte was heißt das für die stärkste Fraktion in diesem Lande, die bei der Wahl im Dezember 1995 genau aus diesem Grund einen sehr großen Vertrauensvorschuß bekommen hat? (Zwischenruf des Abg. Eder. ) Dann frage ich Sie, Herr Abgeordneter Eder: Wofür ist die österreichische Sozialdemokratie bereit zu kämpfen: nur für die Bank Austria – oder auch für Tausende MieterInnen? (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Eder. )

Herr Abgeordneter Eder! Wenn Sie sagen, wir bräuchten grundsätzlich unbefristete Verträge (Abg. Eder: Ja!), dann sage ich Ihnen: Ja!, und jeder Sozialexperte, jede Sozialexpertin wird Ihnen das bestätigen.

Wohnen ist ein Grundbedürfnis, es ist bereits durch die zahlreichen Eingriffe in den Mietzins sichergestellt, daß nicht nur die Kosten für die Erhaltung, sondern eine saftige Rendite beim Grundeigentum herausschaut, also warum beschließt man denn dann keine unbefristeten Verträge?

Die Bundesarbeitskammer hat einen sehr sinnvollen Kompromißvorschlag gemacht, sie hat gesagt: Gut, wenn es ein echter Privateigentümer ist, dann soll er oder sie für sich selbst, die eigene Familie, die eigenen Kinder auch Eigenbedarf beanspruchen können. Das ist auch für potentielle MieterInnen mit Härten verbunden. Aber da sagt man, der grundsätzliche Schutz des Eigentums soll in diesen Fällen Vorrang haben. Das ist ein ohnehin sehr eigentumsfreundlicher, sehr weitgehender Kompromißvorschlag der Bundesarbeitskammer. Das gilt auch in jenen Fällen – und auch das halte ich für sinnvoll –, in denen tatsächlich eine grundlegende Sanierung des Hauses und der Mietobjekte beabsichtigt ist. Auch in diesem Fall soll der Eigentümer eine Wohnung frei bekommen können, soll eine Kündigung möglich sein.

Aber wozu soll man darüber hinaus ein derartig kompliziertes System schaffen? – Es wird ja damit nicht nur ein menschenunwürdiger Zustand prolongiert, nein, Herr Abgeordneter Eder,


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