Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 42

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dieser wird ja auch noch um eine Nummer verschlimmert. Sie wissen genauso gut wie ich, daß das Richtwertsystem in der Praxis extrem schwer vollziehbar ist. Es gibt kaum Statistiken über die Ausstattung des Zinshausbestandes der Gründerzeit. (Abg. Dr. Fekter: Eben weil es funktioniert, gibt es keinen Vertrag!) Frau Abgeordnete Fekter! Sie scheinen über die Praxis der Bezirksgerichte und der Schlichtungsstellen sehr wenig Bescheid zu wissen. Ich führe selber derartige Verfahren, und diese sind seit Jahren offen, und alle Beamtinnen und Beamten dort sagen: Wir hängen da im luftleeren Raum! Der Gesetzgeber hat unsere Interessen genauso preisgegeben wie die der Mieterinnen und Mieter! Das Gesetz ist jetzt schon unvollziehbar, der Richtwert ist eine schwammige Masse, und ein prozentueller Abzug von einer schwammigen Masse ergibt genauso ein Gebilde, das Rechtsunsicherheit bedeutet.

Es stellt sich vor allem die Frage: Auf wessen Risiko wird denn da Prozeß geführt? (Abg. Dr. Fuhrmann: In welcher Eigenschaft führen Sie diese Verfahren: als Vermieterin?) Es sind die Mieterinnen und Mieter, die hier ein unkalkulierbares Risiko auf sich nehmen. Es können vielleicht einige wenige Personen derartige Prozesse über Jahre zu Ende führen, aber sozial Schwache können solche Prozesse gar nicht führen, weil sie eine so lange Prozeßdauer und ein solches Prozeßrisiko nicht auf sich nehmen können.

Die Mietervereinigungen empfehlen immer öfters, daß man einen solchen Streit gar nicht auf sich nehmen soll, daß man in der Regel einen für den Mieter oder für die Mieterin schlechten Vergleich abschließt, nur um das Dach über dem Kopf nicht zu verlieren. Die meisten müssen zähneknirschend so einen schlechten Kompromiß akzeptieren. Aber diese Rechtssituation oder, besser gesagt, Unrechtssituation wird jetzt festgeschrieben.

Bei einem zweiten Punkt in dieser Reform ist es mir unverständlich, mit welchen Motiven Sie – vor allem die österreichische Sozialdemokratie – Ihre Zustimmung geben, nämlich bei der Regelung der Besteuerung der Mietzinsreserve.

Bei der Beschlußfassung über das Sparpaket haben Sie gesagt, da gebe es wenigstens einen Punkt, der klar und erkennbar nicht die sozial Schwachen trifft, sondern die Hauseigentümer, das heißt in der Regel sozial besser Gestellte, Reiche. Aber was ist jetzt daraus geworden? – Sie machen jetzt die Besteuerung der Mietzinsreserve, das, was der Hauseigentümer an Steuer von der Mietzinsreserve zahlen muß, zum Absetzposten. Das heißt, die Mietzinsreserve, die eigentlich der Erhaltung des Hauses dient und die in der Regel von sozial schwächeren Mieterinnen und Mietern aufgebracht wird, wird jetzt um die Steuerlast des Eigentümers reduziert. Dem Eigentümer tut das gar nicht weh, der spürt das nicht, das ist bei ihm ein Durchlaufposten. Aber bezahlen müssen das die Mieterinnen und Mieter, und das Geld fehlt dann bei der Erhaltung der Substanz des Hauses.

Da kommt aber noch eine Besonderheit dazu. Herr Abgeordneter Schwimmer, Sie sprachen von der Fortführung von Reformen. Meiner Meinung nach ist es die Fortsetzung und die Intensivierung des Chaos. Sie sind richtigerweise bei der Beschlußfassung draufgekommen, daß das in der Praxis extrem kompliziert werden kann, und zwar noch komplizierter, als das Mietrecht ohnehin schon ist, denn ein Haus kann viele Eigentümer haben, zehn verschiedene, zwanzig verschiedene, mit ganz verschiedenen Steuersätzen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Wie geht man daher vor? – Man pauschaliert. Und mit welchem Wert? – Mit 40 Prozent. Das heißt aber, daß jede Kapitalgesellschaft – die Kapitalgesellschaften sind beim Grundeigentum, beim Zinshauseigentum im Vormarsch –, daß jede Immobiliengesellschaft automatisch ein Körberlgeld von 6 Prozent verdienen kann, denn der Körperschaftsteuersatz beträgt 34 Prozent, aber, wie gesagt: 40 Prozent darf man ganz automatisch und ohne jeden Nachweis abziehen.

Na, das ist eine wunderbar "sozial ausgewogene" Regelung, bei der die sozial Schwachen, die Mieterinnen und Mieter nicht nur die gesamten Kosten der Besteuerung, sondern auch noch den kleinen Aufschlag für die Kapitalgesellschaft, die 6 Prozent Körberlgeld, zahlen müssen! – Das ist doch wirklich die konsequente Fortführung des Sparpakets und dieser Philosophie der sozialen Ausgewogenheit!


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