Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 75

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13.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Er hat das Wort.

13.24

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! An sich steht ja jetzt die Diskussion über den Rechnungshofbericht zum ORF auf der Tagesordnung, aber erlauben Sie mir, daß auch ich kurz auf die Ereignisse des heutigen Tages Bezug nehme. Ich denke, daß es sehr notwendig ist, und mein Vorredner hat das mit seinen Äußerungen förmlich provoziert.

Ich glaube, daß Ihr heutiges Verhalten ein Zeichen von Kleinlichkeit ist und ein Zeichen dafür, daß Sie nicht begriffen haben, was Grundkonsens in einer Republik eigentlich bedeutet. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Man kann politisch unterschiedlicher Auffassung sein, ja man kann sogar dafür eintreten, daß man Änderungen in der Verfassung, in der Konstitution haben will. Man kann die politische Kultur kritisieren. Aber das, was Sie heute gemacht haben, das ist politische Unkultur, und das ist auch ein Beweis dafür, daß man sich selbst ausgrenzen kann. Sie haben sich heute mit Ihrem Verhalten selbst ausgegrenzt! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP und der Abg. Dr. Gredler. )

Man kann, wenn sich ein Regierungschef, ein Bundeskanzler verabschiedet, natürlich unterschiedlicher Auffassung sein über die Tätigkeit, für die er verantwortlich war. Da gibt es Positives und Negatives, und natürlich wird eine Oppositionspartei diese Unterschiede zum Ausdruck bringen. Aber hier schweigend zu sitzen, nicht zu applaudieren, sich außerhalb des Grundkonsenses zu stellen, hier darzustellen, daß man eigentlich Haß, Abneigung empfindet, das ist besonders schäbig. Was Sie heute hier dargestellt haben, ist wirklich zu verurteilen. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Ing. Langthaler. )

Wahre Größe hat heute Herr Bundeskanzler Vranitzky gezeigt, als er auf Dr. Haider zugegangen ist und ihm die Hand gegeben hat (Beifall bei SPÖ und ÖVP) , natürlich unter Wahrung der grundsätzlichen politischen Unterschiede. Haider aber hat vom Rednerpult aus Geschichtsklitterung betrieben, wieso es diese Meinungsdifferenzen und diese Unterschiede gegeben hat, er ist aufgetreten als der wahre Vertreter von Demokratie und Verfassung und hat geleugnet, warum es diese Unterschiede in Wirklichkeit gegeben hat. – Es wäre mir lieber gewesen, Sie hätten heute hier zu jenen Passagen in der Rede des Herrn Bundeskanzlers gesprochen, in denen es um die Vergangenheitsbewältigung Österreichs gegangen ist, in denen es darum gegangen ist, daß es notwendig ist, einen klaren Trennstich zu ziehen und wirklich aufzuzeigen, wo die Mitverantwortung Österreichs in der Zeit des Nationalsozialismus gelegen ist. Aber das können Sie nicht, weil Sie selbst ein ungeklärtes Verhältnis dazu haben! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie müssen mir verzeihen, wenn ich heute etwas emotionell bin, aber dieser Anlaß berührt mich. Ich war oft anderer Auffassung als Bundeskanzler Vranitzky. Ich war sieben Jahre lang an seiner Seite, ich habe wirklich mitbekommen, was Staatsräson für eine Rolle für ihn gespielt hat. Ich habe miterlebt, mit welcher Selbstdisziplin er sich eingesetzt hat. Ich habe miterlebt, wie er gelitten hat unter Gehässigkeiten und persönlichen Beleidigungen. Wir haben unsere Meinungsdifferenzen gehabt, das sage ich hier noch einmal, aber diese Behandlung hat er sich persönlich nicht verdient, diese Verhaltensweise hat sich die Republik nicht verdient, und diese Verhaltensweise ist auch ein schlechtes Beispiel für die junge Generation, von der wir haben wollen, daß sie in diese Republik integriert wird, von der wir haben wollen, daß sie Respekt vor den Ämtern hat, von der wir haben wollen, daß sie Respekt vor dem Parlament hat. Das alles läuft Gefahr, zerstört zu werden, das ist zu verurteilen und das tut mir leid für dieses Land. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, den Grünen sowie der Abg. Motter. )

Ich bin seit 13 Jahren hier in diesem Haus. Ich liebe dieses Haus. Ich mache alles, um hier daran mitzuwirken, daß etwas weitergeht und daß wir für dieses Land etwas erreichen können. Und ich glaube, daß es auch etwas Gemeinsames geben muß.


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