Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 76

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Gemeinsames Vorgehen heißt nicht das Trennende verdecken und verwischen, das will niemand. Es soll eine ordentliche Konfliktkultur geben. Aber ich ersuche Sie wirklich im Sinne unserer Republik und der weiteren Entwicklung dieser Republik und der Demokratie, daß Sie überdenken, wie Sie sich gegenüber den anderen Parteien dieser Institution und dieser Republik verhalten haben. Das möchte ich wirklich hier als Appell an diese Oppositionspartei richten, und ich hoffe, daß das zu einem Nachdenkprozeß in Ihren Reihen führen wird.

Abschließend möchte auch ich Herrn Bundeskanzler Vranitzky namens meiner Fraktion Dank aussprechen und diesen Dank mit aller Vehemenz unterstreichen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haupt. Ich erteile ihm das Wort.

13.30

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, die Rede des Herrn Kollegen Dr. Cap kann nicht so im Raum stehen bleiben, daher habe ich mich auf die Rednerliste setzen lassen. (Abg. Marizzi: Der Haider ist ja gegangen!)

Herr Kollege Cap! Sie haben zwei Dinge erwähnt: erstens, daß in diesem Parlament endlich eine Kultur der Streitbewältigung Platz greifen sollte, die einer Demokratie würdig ist. In diesem Punkt teile ich Ihre Auffassung. Ich bin allerdings nicht der Meinung, daß es, wie Sie gesagt haben, am heutigen Tage nicht angebracht gewesen sei, von seiten der Freiheitlichen Kritik anzubringen.

Und noch etwas sage ich Ihnen, der Sie zehn Jahre an der Seite des Herrn Bundeskanzlers gestanden sind: In diesen zehn Jahren wurde zum ersten Mal in der Zweiten Republik die Geschäftsordnung des Parlaments gegen eine bestimmte Oppositionspartei abgeändert (Abg. Dr. Schmidt: Das ist eine Unterstellung! Das ist unerhört!) , und diese Abänderung der Geschäftsordnung des Parlaments gegen eine Partei hat auch massiv (Abg. Dr. Schmidt: Das darf doch nicht wahr sein!) zur Klimaverschlechterung in diesem Hause beigetragen. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das sollte man einmal deutlich und klar sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man sollte auch deutlich und klar sagen, Herr Kollege Cap, daß es nicht angeht, einerseits immer das Gemeinsame in den Raum zu stellen und auf der anderen Seite all das, was man hier in Sonntagsreden in den Raum gestellt hat, so einfach beiseite zu wischen.

Herr Kollege Cap, Sie haben richtigerweise gesagt, daß wir uns bemühen sollten, das Ansehen des Parlaments, das Ansehen der Parlamentarier und das Ansehen der Demokratie insgesamt wieder zu verbessern. Ich glaube aber, Herr Kollege Cap, daß das mit Sicherheit nicht so gelingen kann, daß man, wenn man gerade will, den Konsens herbeiredet und danach diesen Konsens nicht einmal sucht. Ich meine, daß zum Streiten – wie immer in dieser Welt – zwei gehören und nicht einer allein streiten kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, Herr Kollege Cap, daß es für das Parlament und für die Auseinandersetzung im Parlament auch wichtig wäre, endlich einmal zu überprüfen, wo wir demokratiepolitisch säumig sind. Um zum aktuellen Tagesordnungspunkt zurückzukommen: Seit 1993 gibt es ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte – initiiert nicht nur von den Freiheitlichen, sondern auch von anderen Gruppierungen – gegen den ORF. Die Mehrheiten, die dort verhindern, daß die Demokratie im wichtigsten Massenmedium dieses Landes einzieht, sind bekannt. Zu sagen, daß man sich für Menschenrechte und für mehr Demokratie einsetzt, und dort, wo es einem nutzt, es als obsolet zu betrachten und diese Reden wieder zu vergessen, Herr Kollege Cap, ist in der Rundfunkkommission offensichtlich Ihr tägliches Brot gewesen.

Ich glaube, das sind die Dinge, die die jungen Menschen an der Politik verdrossen machen: die Reden hier im Parlament und die gegenteilige Praxis draußen, das Sein und der Schein. Ich glaube auch, daß es nicht dienlich ist, wenn man sich auf der einen Seite in der Öffentlichkeit für tagespolitische Lösungen einsetzt und später im Parlament ohne Begründung und ohne Angaben diese tagespolitischen Lösungen wieder über Bord wirft.


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