Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 60. Sitzung / Seite 59

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formschub des jeweils anderen Lagers verhindern. Das führt zur Lähmung der Politik, wie wir sie beobachten können. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn Sie, Herr Schüssel, heute sagen – was mich besonders entsetzt hat –, Sie werden die Sozialpartner wieder mit der Frage der Arbeitszeitflexibilisierung befassen, dann muß ich sagen: Um Gottes willen! Herr Schüssel und Herr Klima, ich bitte Sie, regieren Sie einmal selbst und lassen Sie nicht ununterbrochen von den Sozialpartnern regieren! Lösen Sie selbst die Probleme! Kommen Sie mit einem Lösungsvorschlag in dieses Hohe Haus, dann werden Sie sogar Applaus der Opposition bekommen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Herr Verzetnitsch, das werden wir noch sehen. (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Nürnberger. )

Meine Damen und Herren! Wir kennen die schwierige Lage und wissen, daß der Wirtschaftsstandort Österreich gefährdet ist. Das kann man unschwer erkennen, man braucht nur die Wirtschaftsseite aufzuschlagen, dann weiß man, wer absiedelt, wer zusperrt, wer in Insolvenz gerät. Diese Betriebe tun das ja nicht freiwillig, und wir alle kennen die Folgen. Das wäre einer der Ansatzpunkte, wo wir eingreifen müssen.

Aber diesbezüglich, Herr Bundeskanzler, hat mich Ihre Regierungserklärung elektrisiert, denn Sie sagen, was wir brauchen, ist ein Standortmarketing. Das einzige, was ich Ihnen zugute halten möchte, ist, daß Sie diesen Satz nicht selbst geschrieben haben, denn als erfahrener Mann der Wirtschaft müssen Sie wissen, daß mit Marketing nur ein gutes Produkt verkauft werden kann. Was wir brauchen, ist eine Basis, um das Produkt entsprechend herzustellen. Wir müssen den Wirtschaftsstandort Österreich so gestalten, daß er angenommen wird, dann ist er ein Selbstläufer, dann werden die Investitionen und die Unternehmungen kommen. Ich will nicht bestreiten, daß wir in der Vergangenheit einigen Erfolg zu verzeichnen hatten, aber wir haben auch den gegenläufigen Trend. Da müssen wir wesentlich mehr tun. Wir müssen den Standort Österreich in der Qualität verbessern und ihn nicht nur vermarkten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Eine weitere Facette in dieser Debatte ist, daß wir uns immer in die Brust werfen und behaupten, wir hätten ein Steuersystem, das vorbildlich in Europa ist. Ich gebe gerne zu – und ich habe es auch schon oft von diesem Pult aus anerkannt –, daß wir in der Unternehmensbesteuerung mit der zweiten Steuerreform tatsächlich einen Fortschritt gemacht haben. Ich möchte aber schon darauf hinweisen, meine Damen und Herren, daß wir im Gegensatz zu Deutschland 20 Prozent Mehrwertsteuer tragen. In Deutschland sind es 16 Prozent, und diese 4 Mehrwertsteuerprozentpunkte sollten uns nicht stolz machen. Wir haben unsere Steuerreform – das muß man zugeben –, auch erkauft mit eben einer hohen Verbrauchsteuer. Darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein, insbesondere Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei, die Sie ja immer so besonderen Wert auf den sozialen Ausgleich legen und ihn auch immer im Mund führen. Das darf man nicht verschweigen, wenn wir die aktuellen Probleme der Armut, die Probleme des sozialen Ausgleichs besprechen.

Ich sage das hier, weil meiner Fraktion und mir persönlich sehr oft die soziale Kälte entgegengehalten wird, als wäre es nicht unser Anliegen genausogut wie Ihres, daß wir in diesen wesentlichen Bereichen, die die Grundlage für alles sind, auch für das Wirtschaften, entsprechenden Fortschritt erreichen sollten. Wir Liberalen glauben, daß die soziale Komponente für eine florierende Wirtschaft unersetzlich ist – und nicht umgekehrt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Lassen Sie mich aber zur Regierungserklärung zurückkommen. Der Herr Bundeskanzler hat zum Beispiel in seiner Regierungserklärung noch etwas Wichtiges aufgegriffen, was wir schon seit langem fordern, und zwar das Thema Rückbau des Staates. Er spricht davon, daß der Verwaltungsstaat zum Dienstleistungsstaat transformiert wird. Das, Herr Bundeskanzler und Herr Vizekanzler, ist wahrhaftig ein dringliches Anliegen, das wir schon immer als solches empfunden haben.

Warum? – Österreich hat 22 von 100 Beschäftigten im öffentlichen Dienst, Deutschland – da sind sie noch lange nicht Weltmeister – hat 16 von 100 Beschäftigten im öffentlichen Dienst, die


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