Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 73

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politisch anders handelt! Faktum ist, daß wir nach zehn Jahren großer Koalition in Österreich so wenige Selbständige in Prozenten der Erwerbsquote haben wie noch nie. Das ist das Problem! Aber nur Selbständige, nur Unternehmer schaffen Arbeit – und zwar dann, wenn sie Kunden und Märkte finden! (Beifall beim Liberalen Forum.)

In vielen Gesprächen vor allem mit Unternehmern aus dem Bereich der Klein- und Mittelbetriebe – mit dem Malermeister, dem Tischlermeister, dem Installateurmeister – erlebe ich, daß diese mir sagen: Ich habe früher 18 Mitarbeiter beschäftigt, ich habe jetzt nur mehr neun, denn ich tue mir das nicht mehr an! Ich als Dachdecker habe früher zwölf Leute gehabt, jetzt komme ich mit sechs aus, da brauche ich keinen zweiten Meister! – Was ist denn da passiert in den Köpfen der Unternehmer? Was haben Sie denn mit den Schumpeterschen Unternehmern in diesem Land gemacht, mit den Schumpeterschen Menschen, mit denen, die etwas bewegen wollen? Haben Sie diese durch Ihre Politik vielleicht frustriert? – Die Unternehmer beschäftigen weniger Leute, und die Summe dieser geringeren Beschäftigung macht das dramatische Problem der Arbeitslosigkeit aus.

Setzen Sie an, ein unternehmerfreundliches Klima zu schaffen, denn ein unternehmerfreundliches Klima ist ein wirtschaftsfreundliches Klima, und ein wirtschaftsfreundliches Klima ist ein beschäftigungsfreundliches Klima! – Das ist die Gleichung, die diese Bundesregierung kapieren muß. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich glaube nicht, daß diese Koalitionsregierung die Augen vor der Insolvenzwelle verschließen kann, die seit drei Jahren über dieses Land geht. Weit über 5 000, ja 6 000 Unternehmungen mußten in Konkurs gehen, Zigtausende Arbeitsplätze sind verlorengegangen. Was ist denn da falsch gelaufen? – Es waren nicht die einzelnen Maßnahmen, die dieses Hohe Haus beschlossen hat, es war auch nicht der Strukturwandel allein, es waren selbstverständlich auch nicht nur die Unternehmerfehler, sondern alles zusammen hat dieses Amalgam geschaffen, sodaß wir heute vor der größten Zahl an Insolvenzen stehen, die wir jemals in der Geschichte dieses Landes hatten.

In Summe, meine Damen und Herren, wirkt sich das klar aus. Sprechen wir es aus, halten wir es deutlich fest: Österreich liegt beim Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union an letzter Stelle, hinter Griechenland. Österreich hat eine Inflation, die ein dreiviertel Prozent höher ist als jene in Deutschland – was im Sinne der Bindung des Schillings an die D-Mark bedenklich ist. Österreich hat ein chronisches Defizit in der Leistungsbilanz von 2 Prozent. Österreich ist leider dabei – und darüber diskutieren wir heute –, seine Weltmeisterleistung, seine Weltmeisterposition in der Beschäftigungspolitik, die wir bis 1992 hatten, stückweise zu verlieren. Wir sind dabei, unsere Führerschaft auf den Ostmärkten zu verlieren, und wir haben, wie ich bereits sagte, die geringste Selbständigenquote in der Europäischen Union.

Andere Länder können es offensichtlich besser. Fahren wir hin, lernen wir, und kämpfen wir darum, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, daß es uns gelingt – gelingen muß! –, die Wirtschafts- und Währungsunion in der ersten Runde zu erreichen. Die Bindung des Schillings an die D-Mark ist nur dann glaubwürdig und nur dann aufrechtzuerhalten, wenn Österreich in der ersten Runde der Wirtschafts- und Währungsunion dabei ist. Und da handelt es sich nicht um eine Währungsreform, da handelt es sich um einen Währungstausch, da handelt es sich um einen Umtausch der Währungen. Es handelt sich darum, in einem großen Binnenmarkt mehr Chancen für das exportorientierte Österreich zu schaffen und damit die Beschäftigung anzukurbeln. Denn Österreich ist unter den Staaten der Europäischen Union eines der außenhandelsorientiertesten Länder und hat daher, wenn wir die richtigen Rahmenbedingungen im Inland herstellen, die größte Chance, in seiner Beschäftigung zusätzliche Prozente zu gewinnen.

Die Zukunft unseres Landes liegt in der offenen Gesellschaft, die die Globalisierung als Chance und nicht als Bedrohung begreift. Die Qualitätskonkurrenz können wir gewinnen! Wir können sie gewinnen, wenn wir alle Kraft – das wurde heute bereits gesagt, auch vom Herrn Bundeskanzler – in die Aus- und Weiterbildung stecken.


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