Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 107

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Zweiter Punkt: Europas und damit auch Österreichs Frauen wollen Beruf und Familie miteinander vereinbaren. Das wurde jüngst wieder im Rahmen einer großen Studie, die in Wien vorgestellt wurde, betont. Was heißt das? – Es heißt: Wir müssen uns vom Zwei-Phasen-Modell verabschieden, das da lautet: Ausbildung – Mutterschaft – Tod beziehungsweise Ende (Abg. Schwarzenberger: Die Mutterschaft dauert ja 90 Jahre! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) , und auch vom Drei-Phasen-Modell: Ausbildung – Mutterschaft – Wiedereinstieg in den Beruf. Wir müssen vielmehr zu einem neuen Modell kommen, das überhaupt kein Phasen-Modell, sondern ein Gleichzeitigkeitsmodell mit jeweils unterschiedlichem Schwergewicht ist, und zwar nicht nur eines für Mütter, sondern auch eines für Väter. Nur damit werden wir dem Wunsch der Europäerinnen und der Österreicherinnen gerecht. Ich glaube, da müssen wir mit allem Nachdruck ansetzen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte an dieser Stelle meiner Kollegin Ridi Steibl für ihr Engagement hinsichtlich flexibler Arbeitszeit sehr danken und in Erinnerung rufen, daß sie es war, die die Aktion "Taten statt Worte" nach Österreich gebracht hat – jene Initiative, die auf genau jene Betriebe, die flexibel auf diese Wünsche eingehen, reagiert. Wir konnten im Rahmen dieser Aktion schon viele Betriebe in Österreich auszeichnen, zum Beispiel Hewlett-Packard, einige Banken, Neckermann und andere mehr.

Ich zitiere an dieser Stelle gerne auch ein ausländisches Modell. In Deutschland gibt es ein Unternehmen, das bei 280 vorwiegend weiblichen Arbeitnehmern 99 Arbeitszeitmodelle anbietet. Das Ergebnis dieser Maßnahme ist eine halb so große Krankenstandsrate einerseits und doppelt so große Betriebs- und Arbeitszufriedenheit andererseits. Diesen Weg müssen wir also einschlagen, wenn wir mehr Zufriedenheit und mehr Erfolg am Arbeitsplatz wollen.

Punkt drei. Der Durchschnitt ist nicht mehr gut genug, sagte kürzlich der neue Chef des weltweit zweitgrößten Pharmakonzerns Novartis in Wien. Er fügte hinzu: Jeder muß mehr tun. – Dazu braucht es, wie Sie wissen, Mut, Mobilität, Dynamik.

Ich gehe davon aus, daß die drei Technologiemilliarden für 1997, 1998, 1999 einen Entwicklungsschub bewirken, der sich arbeitsmarktpolitisch niederschlägt. Dieser Niederschlag heißt aber nicht – im konservativen Sinn – festhalten an Arbeit im primären Bereich, im primären Sektor, nämlich in der Produktion.

Der Technologiefortschritt bedeutet zum Beispiel – ich bezeichne das gerne mit diesem mittlerweile einheimischen Begriff – "digital economy". Welche Chancen bieten sich da? – Da gibt es Chancen für Frauen im Dienstleistungsbereich, etwa als Info-Broker, in der Cyber-Konsumenten-Betreuung und so weiter.

Weiters wissen wir, daß in den ökonomischen Vorreiterstaaten weltweit 70 Prozent der Arbeit durch sogenannte knowledge workers geleistet werden. – In Österreich sind es nicht einmal 50 Prozent, die Wissensarbeit leisten. Da ist aufzuholen!

Neue Organisationsformen und Flexibilität sind in vieler Munde. Was bedeuten sie im positiven Sinn? – Sie bedeuten Zeitsouveränität, Selbstverantwortung und letztlich Rücksicht auf die Würde des einzelnen. Das kann doch nur unser Ziel sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Vierter Punkt – wieder eine Überschrift beziehungsweise ein Titel –: "Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft" beschreibt Jeremy Rifkin in seinem Aufmerksamkeit erweckenden Buch. Damit wird auch ein Problem angesprochen, das, wie ich meine, Paul Michael Zulehner auch artikuliert, nämlich die Frage: Wie schaffe ich den Ausgleich zwischen jenen, die Arbeit im klassisch gesicherten Sinn haben, und jenen, welche Arbeit verrichten, aber dafür nicht honoriert werden?

Seit dem Beginn der Moderne bemißt sich – das wissen wir – der Wert des Menschen am Wert seiner Arbeitskraft, und zwar ausschließlich im Sinn von traditioneller Erwerbsarbeit in Form von außerhäuslichem Tätigsein. Vergessen ist all die Arbeit, die dazwischen, daneben und davor passiert. Ich meine, daß dieses moderne Modell ein sehr männliches Modell ist. Ich gehe davon aus, daß wir künftig Arbeit neu finden und erfinden, Tätigkeiten und Arbeiten neu bewerten und einen Ausgleich zwischen Männern und Frauen bewerkstelligen müssen. Das Problem reicht,


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