Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 118

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. – Bitte.

16.40

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren im Plenum! Es gibt zwei Themen, die Österreich im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt besonders sensibilisiert oder emotionalisiert haben: Das eine ist die Debatte um die Neutralität und das andere ist die Debatte um die Anonymität.

Ich will mich heute nicht darüber auslassen, ob die Anonymität sinnvoll ist, ob sie berechtigt ist, ob sie gut oder schlecht ist. Tatsache ist, meine Damen und Herren: Wenn Sie die einschlägigen europäischen Richtlinien und Gesetzesbestimmungen lesen, dann wissen Sie, daß Sie den Prozeß verlieren werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Herren! Wir werden Sie ohnehin bald daran erinnern, was Sie hier gesagt haben. Es ist Gott sei Dank alles protokolliert. Diese Partie, das wissen Sie, Herr Stummvoll, ist nicht zu gewinnen. (Abg. Dr. Khol: Die Welt stürzt nicht ein!)

Und jetzt sagen Sie, die Welt stürzt nicht ein. Natürlich stürzt sie nicht ein. Aber Sie haben der EU und unserer Mitgliedschaft in der EU neuerlich einen Bärendienst erwiesen. (Abg. Dr. Khol: Mein Gott!)

Es gibt doch schon eine Ablehnung breiter Bevölkerungskreise. Und Sie, die Regierenden, machen es sich leicht. Sie schieben die Verantwortung für Unpopuläres, für das, was die Bevölkerung sich mehrheitlich nicht wünscht, nach Brüssel ab. Das ist aber nicht das, was wir darunter verstehen, was eine Regierung auf sich nehmen sollte.

Sie sollten den Menschen die Wahrheit sagen – nicht mehr und nicht weniger. Sie brauchen sie nicht zu werten. Sie können einfach sagen, was Recht ist, was EU-Recht ist, Herr Stummvoll, damit könnten Sie diesem Land und der Idee der europäischen Integration einen wertvollen Dienst erweisen.

Wenn wir, Herr Staatssekretär, über Anonymität und Verschärfung des Bankgeheimnisses diskutieren, dann bedauere ich, daß ich Ihnen in dem Punkt nicht folgen kann, wenn Sie meinen, wir hätten eine Verbesserung im Spread zwischen Österreich und Deutschland, es gäbe höhere Einlagen und das Vertrauen sei auch gegeben. Ich glaube doch, daß das Bankgeheimnis in erster Linie ein Interesse der Bürger dieses Landes ist, und diese sind nur zum kleinsten Teil Teilnehmer in dem von Ihnen genannten und von Ihnen sozusagen apostrophierten internationalen Finanzgeschehen.

Ich verstehe schon, daß Sie als Verantwortlicher im Bundesministerium für Finanzen kein Bankgeheimnis wollen, weil in Wahrheit haben Sie damit ein messerscharfes Instrument zur Verfolgung von Steuerhinterziehung. Aber Sie haben es in einem Ausmaß, das – wie wir glauben – im Widerspruch zum berechtigten Schutzbedürfnis des Individuums steht.

Wenn Sie, Herr Staatssekretär, meinen, bei vorsätzlichen Finanzvergehen werde das Bankgeheimnis durchbrochen, dann bitte ich Sie, dazuzusagen: schon bei Verdacht auf vorsätzliche Finanzvergehen! Wenn hinterher herauskommt, es war nichts, dann ist das Bankgeheimnis beim Teufel und nichts ist gewesen. Und das ist das, was wir in erster Linie kritisieren.

Herr Kollege Nowotny! Ich bitte Sie wirklich – denn ich gehöre auch zu denjenigen, die ein verschärftes Bankgeheimnis einfordern –, bei diesem Thema, aber auch bei allen anderen Themen, die wir hier diskutieren, doch nicht immer den Andersdenkenden in irgendeiner Form des Vaterlandsverrates zu bezichtigen. Man muß doch über das Bankgeheimnis und dessen Verschärfung – dessen sinnvolle Verschärfung, wie wir glauben und wie wir argumentieren –, diskutieren können, ohne daß Sie dann gleich sagen: Das sind die Feinde der Anonymität! Das ist unzulässig, Herr Kollege Nowotny, und es ist auch im höchsten Maße unfair. (Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny. )


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