Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 55

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Meine Damen und Herren! Seien wir ein bißchen weniger egoistisch. Denken wir vor allem auch an jene im Arbeiterbereich, die Arbeitsplätze vielfach nur dadurch bekommen, daß am Sonntag gearbeitet wird. Viele Betriebe können einen Standort nur nach dem Grundsatz auswählen: Kann dort durchgehend gearbeitet werden, ja oder nein?

Lassen Sie mich folgendes sehr deutlich sagen: Mir ist es lieber, es wird am Sonntag gearbeitet, als es wird die ganze Woche nicht gearbeitet, weil die Arbeitsplätze nicht vorhanden sind. – Meine Damen und Herren! Das ist heute die wirtschaftliche Realität! (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich noch etwas sagen: Der Gesetzgeber überträgt ein großes Maß an Verantwortung an die Kollektivvertragspartner. Es möge einer hier in diesem Hohen Haus aufstehen und den Sozialpartnern nachweisen, daß sie in den letzten 50 Jahren nicht mit einem hohen Maß an Verantwortung in diesem Bereich agiert hätten. Meine Damen und Herren! Wer wagt es, zu sagen: Ich vertraue nicht auf die Verantwortung der Sozialpartner!? – Ich glaube, das kann in diesem Haus niemand sagen.

Ich glaube daher, es ist vom Gesetzgeber sehr weise, daß die Sozialpartner, die Kollektivvertragspartner unter sehr restriktiven Voraussetzungen, unter der Voraussetzung, daß wirtschaftlicher Schaden verhindert werden und Arbeitsplätze gesichert werden sollen, Verträge abschließen können. Wer wagt es aufgrund dieser restriktiven Voraussetzung, die die Sonntagsarbeit nicht generell einführt, sondern nur sehr spezifisch, sehr restriktiv erlaubt, zu sagen: Wir wollen am Sonntag nicht arbeiten, und die Leute sollen keine Arbeit haben!? – Meine Damen und Herren! Wer das haben möchte, soll herausgehen und das hier sagen.

Lassen Sie mich aber folgendes auch noch sagen: Dieses Gesetz, das wir heute beschließen, ist für mich als einen, der in der Sozialpartnerschaft tätig ist, auch deshalb erfreulich, weil die Verhandlungen – vor allem jene der letzten Wochen – bewiesen haben, daß die Sozialpartnerschaft noch Problemlösungskompetenz besitzt.

Ich gebe gerne zu: Wir haben in der Frage Kollektivvertrag allein oder Betriebsvereinbarung grundsätzlich andere Positionen gehabt. Ich bin aber sehr froh darüber, daß wir auch da den Ausweg gefunden haben, nämlich den Ausweg eines Vermittlungsverfahrens, womit die Verantwortung letztlich wieder bei den Sozialpartnern liegt.

Ich glaube, daß sowohl die Regierung als auch dieses Hohe Haus wahrscheinlich gar nicht so unglücklich sind, wenn die Sozialpartner diese Verantwortung übernehmen, wie schon sehr oft in den letzten 50 Jahren gewisse heiße Kartoffeln den Sozialpartnern zur Problemlösung überlassen wurden. Wir bekennen uns dazu, daß wir bereit sind, diese Problemlösungskompetenz auch einzubringen.

Zu der Frage, die immer wieder angeschnitten wird: Wem nützt eigentlich die flexible Arbeitszeit? Nützt sie denn eigentlich nicht nur den Betrieben? – Meine Damen und Herren! Lösen wir uns von diesem kleinkarierten Kasterldenken: Auf der einen Seite sind die Arbeitgeber, auf der anderen die Arbeitnehmer. Ich glaube, gerade die flexible Arbeitszeit ist ein sehr schöner Beweis dafür, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Boot sitzen, daß es beiden nützt. Wem nützt es, wenn ein Betrieb konkurrenzfähig ist, wenn Arbeitsplätze gesichert werden? (Abg. Dolinschek: Der Schattenwirtschaft!) Das nützt den Arbeitnehmern und den Betrieben. – Herr Kollege! Machen Sie keine demagogischen Zwischenrufe, anerkennen Sie die Priorität der Arbeitsplätze! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Sie nützt den Arbeitnehmern auch deshalb, weil die Möglichkeiten, die wir heute mit diesem Gesetz einräumen, auch längere, zusammenhängende Freizeitblöcke ermöglichen.

Trennen wir uns also von dieser überholten Philosophie: hier die Arbeitgeber, dort die Arbeitnehmer. Wir sitzen in einem Boot. Es sind beide gefordert. Der Wettbewerb ist hart wie nie zuvor. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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