Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 74

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Aber bereits innerhalb von 24 Stunden haben Sie Ihre Meinung geändert: Nachdem die Einigung der Sozialpartner bekannt geworden war, wurden hier im Hohen Haus – und in der Zwischenzeit auch in der Öffentlichkeit – Horrormärchen verbreitet. Es hieß: Diese Maßnahmen bedeuten Einkommensverluste für Arbeitnehmer. 10 Milliarden Schilling – haben wir heute gehört – werden da kolportiert. Es handle sich um eine asoziale Politik. Man müsse schauen, daß der "kleine Mann" nicht vor die Hunde geht, wurde da gesagt. Gleichzeitig wurden Horrormeldungen – so etwa Verlust von 10 000 Arbeitsplätzen durch diese Maßnahmen – in die Welt gesetzt.

Sie wissen, daß das nicht zutrifft, aber wiederholen auch heute hier von dieser Stelle aus diese Behauptungen. Und Sie wissen auch, daß Ihre Milchmädchenrechnung mit den 23 Nationalbank-Reservemilliarden reiner – entschuldigen Sie bitte diesen Ausdruck – Unsinn ist. Dieses Geld steht doch nicht dem Budget zur Verfügung, sondern muß für Geldmengenpolitik Verwendung finden. Bitte: Finger weg von der Nationalbank! Österreich ist doch keine Bananenrepublik! (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit der Abg. Aumayr. )

Was Sie von den Freiheitlichen da machen, will ich Ihnen jetzt sagen: Sie versuchen, mit der Angst der Menschen Politik zu machen. Sie wollen den Menschen Angst machen und dann Ihre Mittel zum Zweck zum Einsatz bringen. Das erinnert mich an Werner Fassbinders Film aus dem Jahre 1973: "Angst essen Seele auf"." Das wollen Sie. Was Sie wollen, ist, die Beziehung zwischen dem Bürger, der Republik und den Verantwortlichen des Landes zerstören. Das wollen Sie! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich sage Ihnen: Diese Rechnung wird nicht aufgehen! So dumm sind die Leute wirklich nicht, daß sie Ihnen da auf den Leim gehen werden.

Oder aber ist es die Opposition selbst, die Angst bekommt. Ich zitiere den Wirtschaftssprecher Ihrer Partei, Herrn Abgeordneten Prinzhorn, der wörtlich von einer "Husch-Pfusch-Einigung" gesprochen hat. Anscheinend ist ihm die Einigung der Sozialpartner zu schnell gegangen; damit haben Sie nicht gerechnet. Sie hätten wahrscheinlich gerne gesehen, daß das hinausgezögert wird.

Die Regierung legt da ein hohes Tempo vor. Die Liberalisierung der Öffnungszeiten wurde beschlossen. (Abg. Aumayr: Das Belastungspaket ist geschnürt!) Das Lehrlingspaket ist geschnürt, das Integrationspaket ist ausverhandelt, die Gewerbeordnung hat den Ministerrat bereits passiert, ebenso das Betriebsanlagenrecht. Sie reden von Schnee von gestern, ich rede von der Gegenwart. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Schließlich gelingt den Koalitionspartnern und den Sozialpartnern auch noch die Einigung in bezug auf die Flexibilisierung der Arbeitszeit. Da glaube ich schon, daß die Opposition Angst bekommen kann – aber nicht, weil die Lösungen schlecht sind, sondern weil Ihnen die Argumente ausgehen, meine Damen und Herren von der Opposition! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die vorliegende Arbeitszeitregelung ist eine soziale und keine asoziale Politik. Sie trägt dazu bei, den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken und auch die Arbeitsplätze in Österreich zu sichern. Wer das nicht glaubt, möge jene fragen, die für die Arbeitsplätze verantwortlich sind, nämlich die Betriebe. Im "WirtschaftsBlatt" vom 15. März, also ganz frisch, heißt es: "Für Philips ist flexible Arbeit die Kernfrage. Ein deutlicher Warnschuß Richtung Standort Österreich." Lesen Sie das nach! Die Betriebe sichern die Arbeitsplätze, und deswegen müssen wir geeignete Rahmenbedingungen schaffen, damit sie auch hier in Österreich ihre Standorte halten können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Wie Semperit zum Beispiel! Das ist ein gutes Beispiel!)

Niemand behauptet, meine Damen und Herren, daß dieser Kompromiß leicht zu finden war. Selbstverständlich hätten die Wirtschafts-, aber auch die Arbeitnehmervertreter darüber hinausgehende Wünsche gehabt. Aber, wie bereits Präsident Maderthaner gesagt hat: Es liegt eben im Wesen einer Einigung, daß jeder nachgibt, im Interesse des Ganzen. (Abg. Aumayr: Die größte Umfallerpartei, die es gibt! – Abg. Steidl: So eine Frechheit!)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite