Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 95

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Diese Zahlen müßten in einem Sozialbericht deutlicher als bisher in einer Zusammenschau sichtbar gemacht werden, und zwar vor allem deswegen, weil das auch mit der Beitragsfrage zusammenhängt. Wenn die Leute schlecht bezahlt, wenn sie geringfügig bezahlt werden, dann haben sie nicht nur kein Anrecht auf eine Alterspension oder auf eine Arbeitslosenversorgung, sondern dann bringen sie auch keinen Ertrag für unser Sozialsystem. Und das ist das Problem, mit dem wir uns in vermehrtem Maße zu beschäftigen haben – angesichts der Notwendigkeit, dieses Sozialsystem nicht nur zu sichern, sondern auch neu zu organisieren, umzubauen, zumindest Mindestsicherungen zu geben!

Ich bin nicht der Meinung wie Sie, Frau Kollegin Gatterer, daß wir es mit einem "ausgezeichneten" Pensionssystem zu tun haben. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich habe auch einmal die Meinung vertreten, daß das österreichische Pensionssystem gar nicht so schlecht ist. Wenn man sich aber mit den Daten etwas näher beschäftigt – gerade mit dem, was vorhin angesprochen wurde: daß nämlich eine große Gruppe von Personen überhaupt aus dem Pensionssystem herausfällt, und zwar wiederum vor allem die Frauen –, dann sieht man, daß das überhaupt nicht gut ausschaut.

Ich habe mir einige diesbezügliche Fälle in den letzten Wochen und Monaten zu Gemüte geführt. Da gibt es Frauen, die nicht ununterbrochen beschäftigt waren, sondern immer wieder mit Unterbrechungen, aber doch insgesamt 11, 12 oder 13 Jahre lang gearbeitet haben und neben ihren 12, 13 Jahren Arbeit auch noch Kinder erzogen haben und keine Pension erhalten. Nach wie vor ist dieses unser Pensionssystem nicht imstande, diesen Frauen eine Altersversorgung zu geben. Ich halte das für unzumutbar! (Bundesministerin Hostasch: Das stimmt nicht!) Selbstverständlich stimmt das! (Bundesministerin Hostasch: ... kommen sie auf 15 Jahre!) Wenn sie mit den Ersatzzeiten drüberkommen! Das Problem ist, daß es viele trotz der Ersatzzeiten nicht schaffen, drüberzukommen, viele bleiben an diesen Grenzen hängen. Das ist nach wie vor das eigentliche Problem, und zwar gerade unter älteren Frauen, unter geringfügig Beschäftigten.

Aber eine stark steigende Zahl von jüngeren Frauen, würde ich einmal vermuten, und sozusagen nachwachsenden Frauen im Erwerbssystem hat sich mit der Sorge zu plagen, daß sie keine Alterssicherung erhält. Das ist ein Problem! Ich kann also diese Auffassung, auch was die Höhe der Altersversorgung anlangt, nicht teilen.

Eine ASVG-Pension für zwei Personen in der Höhe von 12 000 S reicht nicht aus, das ist das Minimum. Aber eine Pension von 12 000 S, Frau Kollegin Gatterer, erhalten leider viele, viele, die ihr Leben lang gearbeitet haben: Arbeiter, Arbeiterinnen. Bei den Arbeiterinnen – das brauche ich Ihnen ja nicht zu erzählen – ist, wenn sie nicht das Glück haben, eine Ausgleichszulage zu bekommen, die Eigenpension noch geringer. Die Bäuerinnen erhalten ebenfalls sehr geringe Eigenpensionen.

Das heißt, wir haben es beileibe nicht mit einer Situation zu tun, daß wir uns auf die Schulter klopfen und sagen könnten: Gerade gegen die Armut ist unser Pensionssystem, unser Sozialsystem gut! Im Gegenteil!

Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, daß wir es gemeinsam – Sozialdemokraten, ÖVP, Grüne – immerhin geschafft haben, in diesen Sozialbericht ein Armutskapitel aufzunehmen. Es sei mir noch eine Anmerkung gestattet: Ich habe mir, auch wenn es vielleicht nicht so direkt in den Sozialbericht hineinpaßt, auch ein Reichtumskapitel gewünscht, und zwar aus folgendem Grund: Wir werden in Österreich zunehmend mit dem Umstand konfrontiert, daß der Reichtum in unserem Land bei wenigen Personen ansteigt, und niemand, weder der Finanzminister noch der Bundeskanzler, noch irgendeine Behörde, und sei es das Statistische Zentralamt, kann Auskunft darüber geben, wie sich dieser Reichtum verteilt. Es ist ja eine unmögliche Situation, daß wir auf der einen Seite zwar wissen, daß es 6 000 Milliarden Schilling an Vermögen gibt, aber niemand Auskunft darüber geben kann, wie sich dieses Vermögen verteilt, wer die Besitzer dieses Vermögens sind, um wieviel dieses Vermögen steigt.

Ja, meine Damen und Herren, da müssen Sie mir doch zustimmen: Da ist dringender Handlungsbedarf gegeben, auch wenn dieser Handlungsbedarf nicht unbedingt Ausdruck in einem


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