Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 21

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der geringe Frauenanteil in höheren Positionen, in Wirtschaft, Universitäten und Politik gegenüber. Diese und andere Ungerechtigkeiten zu beseitigen, muß und wird das Ziel engagierter Frauenpolitik ebenso wie das jeder demokratischen Politik sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Gentechnik-Volksbegehren möchte ich einleitend folgendes feststellen: Österreich hat in den offenen Fragen zur Gentechnik noch genug eigene Aufgaben zu bewerkstelligen. Als zentrale Aufgabe für mich sehe ich dabei, die Meinungen in der EU auf unsere kritische Linie zur Gentechnik einzuschwören. Es ist wichtig – und das habe ich auch öffentlich schon mehrfach gesagt –, daß es das Gentechnik-Volksbegehren gibt. Denn erstens beschleunigt das Volksbegehren die Diskussion und die Prozesse im Bereich Gentechnik, und zweitens gelang es, durch die große mediale Aufbereitung dieses Volksbegehrens – wenn auch kontroversiell, so doch – viele Informationen über Gentechnik der österreichischen Bevölkerung zu übermitteln. Ich möchte an dieser Stelle auch auf meine eigene Informationsoffensive zum Thema Gentechnik verweisen, zum Beispiel auf die Plattform im Internet oder auf die in großer Auflage erhältliche Gentechnik-Broschüre.

Nun zur Beantwortung der einzelnen Fragen:

Zur Frage 1:

Ich denke, jede Unterschrift ist ernst zu nehmen. Es kann nicht darum gehen, daß irgendwer irgendwo eine Grenze zieht und sagt, so viele Unterschriften nehme ich ernst und so viele nicht. Das wäre demokratiepolitisch höchst bedenklich und hieße konsequent gedacht, daß wir in Österreich die Bedürfnisse und Forderungen auch von kleinen Gruppen nicht ernst nehmen. Für mich als Frauenministerin ist es darüber hinaus auch eine Selbstverständlichkeit, mich um die Anliegen aller Frauen zu kümmern. Auch in der bisherigen Arbeit ist es ja so, daß es innerhalb der Frauen kleinere Gruppen mit spezifischen Problemen gibt, die ebenso gelöst werden müssen wie die einer Mehrheit. Das heißt, das Ergebnis der zwei Volksbegehren ist auf jeden Fall ernst zu nehmen – unabhängig von der Anzahl der Unterschriften. Ich zumindest werde es so halten! (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Frage 2:

Emanzipatorische fortschrittliche Frauenpolitik ist eine Materie, die in vielen Bereichen zwangsläufig auf einschneidende gesellschaftspolitische Veränderungen abzielt. Denken wir nur an die Teilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit. Zwischen Frauen und Männern muß ein radikales Umdenken vor sich gehen. Viele mögen dies für unerfüllbar halten. Ich bin sicher, wir werden dieses Ziel erreichen, auch wenn es dauert. Ich will damit sagen, daß ich grundsätzlich keine der Forderungen der Frauen, weder des Volksbegehrens noch andere, für unerfüllbar halte, und zwar, weil es sich um keine überzogenen utopischen Phantasien handelt, sondern um berechtigte, selbstverständliche, längst fällige Forderungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Eingeständnis der Unerfüllbarkeit hieße nämlich gleichzeitig, daß man die Forderungen nicht ernst nimmt, daß man sie für nicht gerechtfertigt hält und daß man keine Visionen hat. Frauen haben aber solche und sind dennoch nicht unrealistisch, wie uns das ja sonst öfters vorgehalten wird. Darüber hinaus haben wir schon vieles erreicht, was für unerfüllbar gehalten wurde. Ich denke, es kommt eher darauf an, wie an die Sache herangegangen wird. Mit politischer Überzeugungskraft, mit sachlichen Argumenten, mit Zähigkeit in der Auseinandersetzung, mit Konsequenzen im Falle der Nichterfüllung und vor allem mit ernsthafter Solidarität wird es uns gelingen, aus scheinbar unerfüllbaren Wünschen gleiche Rechte und Chancen für Frauen und Männer in dieser Gesellschaft zu schaffen.

Ich möchte nicht unrealistisch sein. Natürlich wird es in manchen Punkten etwas leichter – ich möchte nicht sagen leicht – sein als in anderen. Das Beharrungsvermögen der vorherrschenden männlichen Strukturen des machterhaltenden Denkens und Handelns ist groß. Doch mindestens ebenso groß ist jenes der Frauen, und ihre Ungeduld ist noch größer. Auf die Forderungen zur Gentechnik werde ich bei den Fragen 6 und 7 noch eingehen.


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