Zur Frage 3:
Selbstverständlich bin ich bereit, vor dem EU-Beitritt abgegebene Versprechungen der damals zuständigen Regierungsmitglieder zu halten und erforderlichenfalls auch zu nationalen Alleingängen zu greifen. Ich verstehe diese Versprechungen nicht als Zusagen zu künftigen vertragsbrüchigen und rechtswidrigen Aktionen Österreichs, sondern als Zusagen, alle rechtmäßigen Wege zur Vertretung der österreichischen Interessen zu nutzen. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist für mich eine Frage der politischen Glaubwürdigkeit, der Moral und der Vertragstreue.
Österreich hat im Alleingang das Inverkehrbringen von gentechnisch verändertem Mais verboten. Österreich hat bei vielen Zulassungsanträgen Einwendungen geltend gemacht. Auch das waren oft Aktionen, die uns bei vielen Befürwortern der Gentechnik extrem unbeliebt gemacht und in die Rolle des Außenseiters gedrängt haben. Ein kritischer Journalist hat über die Zulassungspraxis der EU aus Brüssel berichtet und das österreichische Vorgehen als "Sand im Getriebe der Gentechniklobby" bezeichnet.
Auch in bezug auf das Frauen-Volksbegehren ist es mir wichtig, hier festzuhalten, daß Österreich die Vorreiterrolle, die es in vielen sozialen Belangen hat, weiterhin wahrnimmt. Ich verweise auf die Gesetze im Bereich der beruflichen Gleichbehandlung und im Kampf gegen Gewalt an Frauen. Natürlich werde ich weiterhin auf nationaler und europäischer Ebene Verbündete suchen, um diesen Standard zu halten und auszubauen.
Zur Frage 4:
Es ist mir wichtig, festzuhalten, daß es Frauenpolitik nicht zum Nulltarif geben kann, wie es übrigens auch keine anderen Politikbereiche gibt, die niemanden etwas kosten. Es ist eine Frage der politischen Prioritäten, was in welchem Zeithorizont und auch mit welcher finanziellen Ausstattung vorrangig betrieben wird. Und ich sage es jetzt ganz klar: Frauenpolitik muß Vorrang haben, und zwar keineswegs zum Selbstzweck! (Beifall bei der SPÖ.)
Es gibt gute Gründe, warum Frauenpolitik wirtschaftpolitisch, arbeitsmarktpolitisch, sozialpolitisch und nicht zuletzt gesellschaftspolitisch Erstrangigkeit besitzen soll. Wir investieren in die Bildung von Frauen und müssen folgerichtig danach trachten, daß sich diese Investitionen für Frauen und für unsere Gesellschaft insgesamt auch wieder lohnen, indem Frauen entsprechend ihren Qualifikationen eingesetzt werden. Wir investieren in die Arbeitsmarktintegration von Frauen und müssen danach trachten, daß Unternehmen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen und Männer möglich machen. Wir unterstützen Frauen über sozialpolitische Maßnahmen und müssen danach trachten, daß sie wieder fähig werden, auf eigenen Beinen zu stehen. Wir wissen, daß Frauen den Großteil der unbezahlten Arbeit leisten, und müssen danach trachten, daß diese Arbeit zwischen den Geschlechtern aufgeteilt wird, um nicht eine zweite Klasse von Arbeitnehmerinnen auf dem Arbeitsmarkt zu etablieren. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir wollen unsere Wirtschaft in Schwung bringen, und das können wir, indem wir Bedingungen für existenzsichernde Arbeitsplätze schaffen, für ausreichende Löhne und für stabile soziale Sicherheit, anders ausgedrückt: indem wir Nachfrage schaffen, Preisstabilität und sozialen Frieden sichern. Davon profitieren insbesondere Frauen. Darüber hinaus wird eine ökonomische Abwärtsspirale verhindert. Es bedarf einer gemeinsamen Anstrengung, um Frauenpolitik prioritär zu behandeln. Um diese gemeinsame Anstrengung, meine Damen und Herren, möchte ich Sie von dieser Stelle aus allesamt herzlich ersuchen! (Beifall bei der SPÖ.)
Zur Frage 5:
Wie ich bereits in meinen einleitenden Bemerkungen ausgeführt habe, werde ich die heute noch offenen Punkte des Gleichbehandlungspaketes 1993 zielstrebig angehen. In erster Linie geht es mir dabei um den Zugang zum und die Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt für Frauen. Unerläßlich ist es, in diesem Zusammenhang alles zu tun, um prekäre Arbeitsverhältnisse in reguläre Dienstverhältnisse überzuführen. Und als erster Schritt stehen bereits Modelle zur Einbeziehung geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse in die Sozialversicherung zur Debatte. (Beifall bei der SPÖ.)