Wenn wir die Geschichte ablaufen lassen, muß man sagen: Früher hat man den Aussätzigen aus der Stadt verbannt. Man hat die psychisch Kranken eingesperrt oder verbrannt. Waren das Wege der Behandlung? Will man das heute mit den Süchtigen weiter fortsetzen? Das ist doch nicht der Weg! (Abg. Dr. Ofner: Man muß verhindern, daß er weitere zur Droge bringt!) Der Weg der Gesundung ist doch ... (Abg. Dr. Ofner: Und wo ist heute der Pernhaupt mit seinen Leuten? – Auf der Alm in einem Hof, weil er erkannt hat ...!)
Meine Damen und Herren! Pernhaupt, mit dem ich sehr gut bekannt bin und dessen Drogentherapie ich auch verfolgt habe, bei dem ich sogar einige Zeit war, hat gerade diese Theorie aufgenommen und verwirklicht sie auch.
Ich bin der festen Überzeugung, daß wir mit dem von uns eingeschlagenen Weg in die richtige Richtung unterwegs sind: keine Liberalisierung, aber eine weitere Entkriminalisierung der Süchtigen, Therapie vor Strafe, konsequent durchgeführt – konsequent durchgeführt, möchte ich noch einmal betonen, kein Suchtgift auf Krankenschein, aber eine rechtlich abgesicherte, ärztlich kontrollierte Substitutionstherapie und Behandlung – das sind die Grundsätze, die dieses Gesetz beinhaltet. (Beifall bei der ÖVP.)
Da sich Sucht auf einer Ebene menschlichen Seins abspielt, die viele Prozesse beinhaltet – es gibt ja viele Ursachen dafür –, kann sozialpolitisches Handeln allein die Drogenproblematik nicht beherrschen. Jede staatliche Drogenpolitik muß sich der Grenzen ihrer Möglichkeiten bewußt sein. Und es muß uns auch bewußt sein, daß es keine generelle Lösung der Drogenprobleme gibt.
Das Suchtproblem ist aber individuell sehr wohl lösbar. Dazu bedarf es erstens einer Drogenprävention, die versucht, den Einstieg in die Drogenszene zu verhindern. Die Möglichkeiten hierfür sind vorhanden, das wissen wir. Es hängt von uns ab, es hängt von jedem einzelnen von uns in der Gesellschaft ab, ob wir etwas dazu tun oder nicht.
Zweitens bedarf es einer Drogentherapie, die bereits bestehende Süchtigkeit als behandlungsbedürftig und letztlich als therapierbare Krankheit betrachtet. Wir müssen das als eine therapierbare Krankheit erkennen und auch entsprechend an diese Krankheit herangehen.
Drittens bedarf es einer Drogenrehabilitation, die die Möglichkeit zum Ausstieg aus der Drogenszene durch Rehabilitationswege erleichtert.
Diesen Weg müssen wir gehen, in diese Richtung wollen wir mit der vorliegenden Suchtgiftnovelle – mit einer Ausweitung der Therapiemöglichkeiten, mit einer Ausweitung der Rehabilitationsmöglichkeiten, mit einer Intensivierung der Prävention – gehen.
Ich stelle ganz provokant das Geld, das in Österreich für illegales Rauschgift aufgewendet wird – Experten schätzen, ungefähr 4 Milliarden Schilling jährlich –, dem Medikamentenverbrauch in Österreich gegenüber, das sind 13 bis 15 Milliarden Schilling.
Der Ge- und auch Mißbrauch von Drogen ist und bleibt ein gesellschaftspolitisches Problem und trifft nur auf den ersten Blick nur die Jugend. Wenn man von Drogen spricht, meint man in erster Linie die illegalen Drogen. Jeder fünfte Österreicher im Alter zwischen 15 und 40 Jahren hat mindestens einmal Rauschgift probiert. Die Drogenabhängigen werden in Österreich seit Jahren konstant auf 10 000 bis 15 000 Personen geschätzt. Vergleicht man aber die Zahl der Abhängigen – 100 000 Medikamentenabhängige, mehr als 300 000 Alkoholabhängige –, dann stellt man fest, daß die Zahl der Abhängigen der Drogenszene eigentlich minimal ist. Trotzdem sehen wir hier ein großes Problem, das angegangen werden muß.
Daß es keine Schwarzweißmalerei im Bereich der Drogen geben kann, zeigt sich auch ganz deutlich im Bereich der Schmerztherapie. Ich sehe die Bestrafung des Handels mit psychotropen Substanzen – jedoch bei weiterer Ermöglichung der ärztlichen Behandlungsfreiheit mit Schlaf- und Beruhigungsmittel – als wesentlichen Punkt dieser Novelle an.