Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 42

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diesem Zusammenhang nicht gehört. Außerdem wurde in der Debatte im Ausschuß und auch in der heutigen Debatte deutlich, wie unausgewogen die Positionen vieler Abgeordneter sind und wie wenig die wissenschaftlichen Erkenntnisse gerade im Bereich der Nutzung gewisser Suchtmittel für den medizinischen Bedarf ausdiskutiert sind. Vorurteile allein sind schlechte Ratgeber für eine derart komplexe Materie.

Schließlich wurde wieder einmal die Chance vertan, sich einer Auseinandersetzung über die psychologische, soziohistorische und kulturelle Anwendung von Drogen in einer Gesellschaft zu stellen. Der Drogenmißbrauch ist zu ächten, Herr Kollege Ofner. Ich frage Sie aber: Ächten Sie auch Alkohol und Rauchen? Wir alle konsumieren täglich diese Drogen. Sie sind längst gesellschaftsfähig geworden, und wir kennen auch die verheerenden Folgen dieser Drogen.

Wir Liberale können einem Gesetz, das eher repressiv als vorwärts orientiert ist, unsere Zustimmung nicht geben. (Beifall beim Liberalen Forum.) Den Regierungsvorlagen 125 der Beilagen und 147 der Beilagen betreffend Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtgiften und psychotropen Stoffen werden wir unsere Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Frau Abgeordneter Motter vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen mit einbezogen.

Gleiches gilt für den Entschließungsantrag, den sie vorgelesen hat, wobei ich ersuchen möchte, Entschließungsanträge dem Präsidium so zeitgerecht vorzulegen, daß ich die Verlesung dieses Antrages mitvollziehen kann.

Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Abgeordneter Dr. Leiner. – Herr Abgeordneter! Sie sind am Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 12 Minuten.

11.15

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! (Abg. Böhacker: Eine schöne blaue Krawatte!) – Du mußt dich ja darüber freuen, nicht? – Die Ausführungen Dr. Ofners waren schon bemerkenswert. (Abg. Mag. Schweitzer: Hervorragend!) Hervorragend. Viele Dinge sind auch aus meiner Sicht zu überlegen, aber ich bin der Meinung, daß sie bereits im Gesetz verankert sind.

Meine Frage ist auch an dich als Anwalt gerichtet: Wie verteidigst du eigentlich einen Süchtigen? (Abg. Dr. Ofner: Gut!) Verwendest du nicht die Argumente, die im Gesetz stehen? Du sagst, daß es falsch war, ein solches Gesetz zu schaffen. Ich meine, daß vielleicht die Wege, die man gegangen ist, die falschen waren.

Was war falsch? – Vielleicht hat man noch nicht die Möglichkeiten gehabt, die man heute hat. Vielleicht sind damals nicht die gesundheitsbezogenen Maßnahmen gesetzt worden, die heute greifen sollten.

Natürlich ist es berechtigt, Sorge zu haben, wenn man weiß, daß über 500 Milliarden US-Dollar für Suchtmittel ausgegeben werden, wenn man weiß, daß es 40 Millionen Süchtige in der westlichen Welt und 1 Million Abhängige in den EU-Ländern gibt. Aber wir haben vorhin diese zwei Extrempositionen gehört, diese zwei Pole, nämlich einerseits völlige Drogenfreiheit und andererseits totale Repression. Das ist meiner Meinung nach nicht der richtige Weg. Man muß einen Weg einer reellen und auch für den Patienten gerechten Möglichkeit der Therapie, aber auch der Bestrafung finden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist doch nicht so, daß wir den Dealer nicht bestrafen wollen. Du hast gesagt, du kannst nicht erkennen, daß das Gesetz schärfer geworden ist. Diesbezüglich sind schärfere Maßnahmen drinnen, aber der, der wirklich süchtig ist, hat die Chance, daß er davon loskommt. Er wird, so wie alle Kranken, auch behandelt.


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