Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 56

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Begründung herzunehmen, daß sich jetzt jeder einraucht, ist nicht sehr gut. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Bedenken Sie folgendes – in diesem Zusammenhang wird immer wieder Holland als Beispiel gebracht, das muß man sich einmal genau anschauen: In Holland hat man festgestellt, daß dort, wo Haschisch ist, Heroin nicht weit ist. Und wenn man das eine freigibt, dann hat man auch denselben Vertriebsweg beim anderen Produkt, und man muß damit rechnen, daß das einen großen Druck darstellt.

Auch wenn Sie den Kopf schütteln, Herr Professor Van der Bellen, muß ich Ihnen sagen: Es ist leider so, und an Tatsachen kann man nicht vorbeigehen. Aber Holland ist Gott sei Dank restriktiver geworden.

Nun zur Heroin-Freigabe, ob auf Krankenschein, in der Apotheke oder beim Arzt: Frau Haidlmayr! Ich bin Arzt geworden und nicht Abgeber von Heroin! Ich habe andere Sorgen, als jeden Tag ... (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Peter : Das heißt, Sie verweigern die Behandlung von kranken Menschen!)

Mir reichen jene 12 000 von harten Drogen Abhängigen. Wenn Sie Heroin de facto freigeben, dann muß ich Sie fragen – angesichts der Suchtbereitschaft bei legalen Süchten in Österreich; es gibt 300 000 Alkoholabhängige, mit ihnen gibt es große Probleme; von den 17jährigen Jugendlichen rauchen 50 Prozent –, ob Sie glauben, daß es dann noch bei dieser Zahl von 12 000 bleibt? – Ich garantiere Ihnen, es wird dann 50 000 bis 100 000 geben, die von harten Drogen abhängig sind. Ich würde mit Ihnen wetten, aber ich will die Wette lieber nicht eingehen.

Der österreichische Mittelweg, den Herr Ofner verlassen hat, obwohl er ihn einmal mitbeschlossen hat, hat sich, so glaube ich, bewährt; er war nicht romantisierend und nicht verniedlichend. Er basiert auf vier Säulen: erste Säule Prävention, zweite Säule Repression durch Justiz und polizeiliche Maßnahmen, dritte Säule Therapie, vierte Säule Therapie durch Substitution.

Über die Repression wird man noch reden müssen, aber wenn Sie den österreichischen Richtern nicht zutrauen, daß sie darüber entscheiden können, ihre Befugnisse, die jetzt bescheiden erweitert werden, zu nützen, dann frage ich mich: Welches Vertrauen haben Sie überhaupt?

Wenn Sie nicht akzeptieren, daß der Handel mit Tabletten, mit Ecstasy, der Handel mit Tranquilizern im Sinne der UNO-Konventionen mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft wird, dann muß ich Sie fragen, was denn sonst Verschärfung ist. Ich verstehe die Welt nicht mehr, wenn Sie nicht akzeptieren, daß der Hauptausschuß – in dem sitzen übrigens auch Sie von der FPÖ – sehr rasch reagieren und Höchstmengen freisetzen kann, denn das ist doch eine Maßnahme in Richtung Verschärfung!

Ich will wirklich keine falsche Humanität, weil ich glaube, Dealer richten in diesem Land genügend Tragödien an.

Zweiter Punkt: Langzeittherapie. Natürlich muß im Bereich der Langzeittherapien noch mehr gemacht werden, wir haben aber 1980 praktisch bei Null angefangen, 1985 kamen wir durch Ofner weiter, und wir sind heute auf einem relativ guten Weg. Ich meine, daß die Zahl der Langzeitentzüge in den nächsten fünf Jahren sicher verdoppelt werden müßte.

Nächster Punkt: Substitution. In diesem Gesetz wird die rechtliche Grauzone endlich genau abgegrenzt und gesetzlich formuliert, es ist eigentlich ein Schutz für Ärzte. Ich möchte an dieser Stelle Exminister Löschnak danken, der damals den ersten Schritt gewagt hat, diesen Substitutionserlaß herauszugeben. Deutschland ist erst Jahre später gefolgt. Deutschland hat das jahrelang verhindert und hat heute noch größere Probleme. Deutschland hat in diesem Zusammenhang vom "goldenen Schuß auf Staatskosten" und so weiter gesprochen. Heute schwenkt Deutschland in diesem Bereich auf den österreichischen Weg ein, und ich danke dafür.


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