Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 51

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meiner Sicht und aus Sicht der Freiheitlichen zu wenig ist. Es kann aufgrund dieses Gesetzes zu Einsätzen kommen, die nicht nur 10 oder 100 Mann, sondern vielleicht ein Bataillon oder mehr betreffen, zu Einsätzen, in denen dieses Bataillon in einen Kampfeinsatz geführt wird, zu Einsätzen, die für dieses Bataillon Krieg bedeuten. Über einen Kriegseinsatz entscheidet nach unserer Bundesverfassung aber nicht nur das Parlament, darüber entscheidet die Bundesversammlung, und hier will man es nicht einmal mehr dem Hauptausschuß zur Kenntnis bringen! Ich halte das für skandalös. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun zur Frage der Neutralität. Es wird bestritten, daß dieses Gesetz eine Änderung im Status der Neutralität bringt. Wenn Sie wirklich nicht die Absicht haben, diesbezüglich etwas zu verändern, warum steht dann nichts mehr drinnen von der immerwährenden Neutralität? Warum ist im Gesetzestext nur noch von der Bedachtnahme auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Republik Österreich die Rede? "Bedachtnahme" heißt, ich denke einmal kurz darüber nach, und dann habe ich darauf Bedacht genommen. Es steht darin nicht einmal das verpflichtende Wort "Einhaltung". Sie entfernen sich Schritt für Schritt – und zwar in immer schnelleren Schritten – von der Neutralität. Wir haben nichts dagegen, daß Sie das einsehen. Wir haben aber etwas dagegen, daß Sie die Österreicher für dumm verkaufen wollen, und dagegen wehren wir uns. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir glauben, daß die Österreicher reif genug sind, selbst zu entscheiden, was sie wollen, und wir verlangen, daß diese Frage den Österreichern vorgelegt wird und daß man nicht Schritt für Schritt die Neutralität aushöhlt, um sie dann – nein, nicht zu "entsorgen", wie gesagt wurde, denn entsorgen heißt ordnungsgemäß handeln – auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen, denn das hat sie nicht verdient.

Nun weg von der Neutralität hin zu dem heute immer wieder konkret angesprochenen Albanieneinsatz. Zum einen sind wir der Meinung, daß der Albanieneinsatz durch dieses Gesetz nicht gedeckt wird. Das Gesetz verlangt einen Einsatz im Rahmen einer internationalen Organisation oder der OSZE. Man kann zum Beispiel vereinfacht sagen: Im Rahmen der Wiener Festwochen gibt es Konzerte; es steht ein Veranstalter fest, es steht fest, wer bezahlt und wer das Sagen hat. – Für diesen Einsatz steht nichts fest auf diesem Sektor. Es steht nur drinnen, daß man es von seiten der OSZE zur Kenntnis nimmt und daß man es sogar begrüßt, aber nicht mehr. Von einem Veranstalter OSZE ist keine Rede.

Als sogenannte "Lead nation" haben die Italiener das Kommando übernommen, und ich habe beträchtliche Zweifel, ob das funktionieren wird. Wenn es schiefgeht, gibt es keine NATO als Rückendeckung, Herr Kollege Spindelegger, und das ist der Grund, warum wir dagegen sind. Wir wehren uns nicht grundsätzlich gegen Einsätze, aber dort gibt es keine NATO, die uns Rückendeckung geben und die sicherstellen würde, daß unsere Soldaten einigermaßen heil wieder nach Hause kommen, wenn etwas schiefgeht. Das gibt es dort nicht, und deswegen sind wir dagegen. Wir glauben auch nicht, daß dieser Einsatz genügend vorbereitet und genügend organisiert ist, und deswegen wenden wir uns dagegen. Uns sind das Leben und die Gesundheit der österreichischen Soldaten in diesem Fall und in allen anderen Fällen zu wichtig, um hier dafür politisches Kleingeld einzuwechseln. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie wissen selbst sehr genau, daß Italien eine äußerst kritische Rolle in diesem Land spielt. Es hat diese kritische Rolle in der Zwischenkriegszeit und im Zweiten Weltkrieg gespielt, und das wird in Albanien nicht ohne Probleme gesehen. Und genau im Gefolge dieser Nation sollen wir uns in einen Einsatz, von dem fast noch nichts klar ist, eigentlich nicht einmal die Aufgabe, die wir haben werden, begeben?!

Zusätzlich tut der ehemalige Bundeskanzler Vranitzky alles, was er dazu beitragen kann, um die Lage für die Österreicher noch kritischer zu gestalten, indem er sich mit der gesamten albanischen Regierung überwirft und man ihm mehr oder weniger schon nahelegt, er soll das bleibenlassen und sich etwas anderes suchen. Das wird die Aufgabe unserer Soldaten dort sicherlich nicht vereinfachen, davon bin ich überzeugt.

Dieser Einsatz ist in der Form, wie er vorgesehen ist, aus meiner Sicht gar kein militärischer Einsatz. Man kann ihn den Soldaten nicht zumuten. Ich will Ihnen das begründen: Stellen Sie


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