Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 108

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Reden Sie doch einmal mit den Arbeitern! – Abg. Dr. Haider: Du redest wie der Blinde von der Farbe!)

Jetzt hören Sie zu, jetzt sage ich Ihnen noch etwas, was Ihnen unangenehm sein wird! (Neuerlicher Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Hören Sie einmal zu und werden Sie nicht immer gleich nervös! Sie wollen immer schreien, schreien, damit Sie andere Argumente nicht hören müssen! (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Wie handeln die Gewerkschaften? – Ich zeige Ihnen am Beispiel der Metallindustrie, wie man dort über das Thema Flexibilisierung verhandelt hat. (Abg. Dr. Haider: 50 Prozent haben schon Lohnverzicht!) Es gibt einen Fachverband, dessen Vorsteher in aller Öffentlichkeit gesagt hat: Es wird ja zumutbar sein, daß die Arbeitnehmer halt einmal 45 und einmal 32 Stunden arbeiten und dafür keinen Ausgleich bekommen. – Das gibt es nicht! Wir haben ihm schlichtweg mitgeteilt: Flexibilisierung ohne Vorteile für Arbeitnehmer wird es nicht geben! (Abg. Dr. Haider: In der Zeitung ist es anders gestanden! Nürnberger wollte das abschließen!) – In der Zeitung steht viel.

Aber wo war denn die FPÖ? Wo war denn der Herr Haider? Wo war denn der Herr Gaugg? Eine Antwort auf diesen Angriff haben wir nicht gehört, weil Sie ja ganz andere Vorstellungen von Flexibilisierung haben. (Abg. Mag. Stadler: Wir werden eine eigene Gewerkschaft gründen! Das garantieren wir Ihnen!) Im FPÖ-Programm "Bündnis für Arbeit" steht: Arbeitgeber sollen leichter flexible Arbeitszeiten anordnen können. (Rufe bei der SPÖ: Ach so! Hört! Hört!) Es sind Maßnahmen zu setzen, die eine weitgehende Flexibilität der Arbeitszeitregelung ermöglichen. – Das sagte Haider in seiner Rede am FPÖ-Parteitag 1996. (Abgeordnete der SPÖ: Pfui! – Abg. Koppler: Das ist eine Demaskierung!)

In die gleiche Kerbe: Sie haben eine Senkung des Mindestlohnes vorgeschlagen, von 20 Prozent, und der Staat soll den Ausgleich zahlen. Und jetzt verlangen Sie, die Leute sollen flexibler werden und der Staat soll den Lohnausgleich zahlen. (Abg. Dr. Haider: Lies das Ganze vor!) Herr Haider! Sie spielen immer den "Robin Hood des kleinen Mannes" – und dabei sind Sie der erste Vertreter der Kapitalisten in unserem Land! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Aber das ist ja leicht verständlich: Wenn man selbst Großgrundbesitzer ist, fühlt man sich eben den Problemen eines Kapitalisten mehr verbunden als jenen des sogenannten kleinen Mannes. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Kollege Nürnberger ist äußerst klassenkämpferisch!)

Nun möchte ich noch etwas Grundsätzliches zur Arbeitszeit sagen. Herr Bundeskanzler! Ich darf das wiederholen, was Präsident Verzetnitsch in seiner Stellungnahme gesagt hat: Wir begrüßen grundsätzlich Ihre Aussage und Ihr Bekenntnis, daß Arbeitszeitverkürzung sehr wohl eine von vielen Möglichkeiten und Mitteln ist, um dem Problem der Arbeitslosigkeit zu begegnen und es in unserem Lande zu bekämpfen. Ich sage in aller Klarheit, in aller Deutlichkeit an die Adresse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Lande: Der Lohnausgleich – im Zusammenhang mit Verhandlungen über Arbeitszeitverkürzungen – war immer Gegenstand von Verhandlungen. Das war so, als die Arbeitszeit von 48 auf 45, von 45 auf 40 und mittels Kollektivvertrag von 40 auf 38,5 beziehungsweise auf 38 Stunden verkürzt wurde.

Das war in Österreich immer so, das war auf der ganzen Welt immer so – und das wird auch in Zukunft so sein, wenn weitere Verhandlungen über die Verkürzung der Arbeitszeit geführt werden. Es gibt diesbezüglich Beschlüsse des ÖGB-Kongresses – ich darf das wiederholen –, ganz eindeutige Beschlüsse, die lauten: Arbeitszeitverkürzung nur mit Lohnausgleich. Es gibt bezüglich dieser Aussage des Bundeskanzlers keinerlei Widersprüche zu den Gewerkschaften.

Zur grundsätzlichen Frage: Arbeitszeit und Beschäftigung. Ich meine, daß das eine sehr wichtige Frage ist, mit der wir uns ernsthaft auseinandersetzen müssen, da wir in Zukunft nicht umhinkommen werden – weil eben die Arbeit nicht grenzenlos vermehrbar ist –, über eine Neuverteilung der Arbeit zu diskutieren. Da in letzter Zeit immer das "Musterbeispiel Holland" angeführt wurde: Ich war erst vergangenen Freitag in Holland, habe mir das alles ein bißchen aus der Nähe angeschaut und mir das von unseren holländischen Kolleginnen und Kollegen erläutern lassen.


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