Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 125

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Meine Damen und Herren! Das Zweite, was ich schon nicht mehr hören kann, sind Ihre Privatisierungsschwüre. Das schrammt knapp an der Heuchelei vorbei! Ich höre immer: Privatisierung, Privatisierung. Ja, warum passiert denn nichts, bitte? Geben Sie doch diese geschützten Bereiche in private Hand, lassen Sie dort Wettbewerb zu, dann wird sich durch den Wettbewerb alles von selbst regeln. Dann wird selbstverständlich Druck entstehen, dann werden Aufsichtsräte gewählt werden, die wirklich Eigentümerinteressen vertreten. Und dann wird das Maß an leistbaren sozialen Leistungen, das im Sinne eines Bench-marking in einem Vergleich mit den Bestleistungen in anderen Ländern möglich ist, auch in Österreich einkehren.

Allerdings müssen Sie dann natürlich auf Macht verzichten. Sie müssen auf Einfluß verzichten, aufs Mauscheln verzichten: Diesen bringen wir da unter, und jenen bringen wir dort unter. Aber sich hier ans Rednerpult zu stellen und zu sagen, das ist alles nicht wahr – das ist die kontrollierte Schizophrenie! Anders kann man es wohl nicht bezeichnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ich lehne es entschieden ab, erfolgreiche Persönlichkeiten in Österreich zu diffamieren, nur weil sie vorher Sekretär bei jemandem waren. Es gibt wirklich ausgezeichnete Persönlichkeiten darunter, Damen und Herren, die eine politische Funktion hatten und sich anschließend in ihrem Beruf wohl bewährt haben. Einige Namen wurden schon genannt. Ich frage mich, ob es nicht eigentlich eine Abwertung ihrer Persönlichkeit ist, wenn sie den Job nur gekriegt haben, weil sie halt das richtige Parteibuch gehabt haben: einmal ein schwarzes, einmal ein rotes. Man besetzt einen neuen CA-Vorstand – ja so ein "Zufall"! Wieder zwei Schwarze und wieder zwei Rote! Daß das passieren kann! – Das ist die kontrollierte Schizophrenie dieser Republik, die in der Sonntagsrede nach außen erklärt, das ist alles nicht so, und in Wirklichkeit findet tagtäglich die Machthaberei von zwei Parteien in diesem Land statt, die immer noch glauben, daß dieses Land ihnen gehört. – Das Land gehört nicht Ihnen! Sie dürfen diesem Land dienen, aber es gehört Ihnen nicht. Das sollten Sie sich, glaube ich, merken! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Oesterreichische Nationalbank leistet in Österreich ausgezeichnete Arbeit. Die Politik der Oesterreichischen Nationalbank hat dem Schilling zu einer Stabilität verholfen, auf die wir stolz sein können. (Abg. Dr. Ofner: Gott hab ihn selig!) Diese Stabilität ist heute in Gefahr, weil die Wirtschaftsdaten Österreichs schlecht sind. Solange man uns die Schilling-D-Mark-Bindung glaubt, wird die Stabilität des Schilling aufrechterhalten werden. Erich Schreiner sei ins Stammbuch geschrieben: Nur der Weg eines Währungstausches vom Schilling in den Euro wird die Stabilität des Schilling weiter aufrechterhalten.

Meine Damen und Herren! Diese Würdigung der guten Arbeit der Oesterreichischen Nationalbank hindert mich aber nicht daran, zu sagen, daß sie ein klassischer geschützter Bereich ist, in dem es soziale Privilegien und Gehälter, Pensionsregelungen, Abfertigungsregelungen, billige Wohnungen und so weiter gibt, was insgesamt doch wirklich für jeden Österreicher und jede Österreicherin, die in der Wettbewerbswirtschaft arbeiten, ein Schlag ins Gesicht ist!

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Ich meine, hier haben Sie Verantwortung: Nicht nur verschämt hinauszugehen bei der Debatte, sondern in Ihren Gremien dagegen aufzutreten und zu sagen: Ja, die Leistung der Nationalbank ist ausgezeichnet, aber nicht zu diesen Bedingungen und nicht um den Preis dieser sozialen Privilegien, die dort Platz greifen. (Abg. Koppler: Das hat Nowotny schon gesagt! – Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Die Abschaffung der Nationalbank und die Neugründung halte ich persönlich für einen Faschingsscherz. In einer Zeit, in der die Stabilität des Schilling wirklich in Frage steht, dieses große Experiment in dieser Form zu machen, halte ich schlicht und ergreifend für falsch. Es mag sein, daß es gut rüberkommt, das kann schon sein. Es ist ein guter Sager, das gebe ich auch zu, aber es ist inhaltlich falsch. Ich glaube, wir müssen diesbezüglich in reformatorischen Schritten vorgehen und wirklich den Druck machen, der notwendig ist.

Abschließend an die Koalitionsparteien: Es wäre so schön, wenn Sie Ihre Schizophrenie ein bißchen ablegen und nicht nur das eine bei den Sonntagsreden sagen und dann das andere tun


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