Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 38

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Frau Schmidt charmante Nachverhandlungen führt – da sind sich die Privilegienritter einig –, hat im Verfassungsausschuß fast zu Tränen gerührt gesagt: Er verzichte in Zukunft auf 9 000 S! – 9 000 S bei einer Jahresgage von mehr als 2 Millionen Schilling, das ist schon eine "sensationelle" Leistung der Nächstenliebe. Das muß man wirklich anerkennen! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Dr. Khol hat aber nicht dazugesagt, daß er über eine Vergütungsregelung für Aufwendungen diese 9 000 S gleichzeitig wieder kompensiert und sich in Zukunft Fahrtkosten, Aufenthaltskosten in Hotels, Bürokosten, Betriebsausgaben und Ausgaben für seine Mitarbeiter abgelten läßt, und zwar nach der Größe der Entfernung.

Je weiter man weg von Wien lebt, desto mehr bekommt man an Bürokosten, Hotelkosten, Mitarbeiterkosten und Aufwandsdeckungskosten ersetzt: 6 000 S für jeden, der in Wien lebt; und für jede halbe Stunde zusätzlicher Anfahrtszeit nach Wien 3 000 S mehr, meine Damen und Herren! Jeder Abgeordnete aus einem der westlichen Bundesländer kann sich freuen, denn je länger seine Fahrt nach Wien dauert, desto mehr kann er an Aufwandskosten geltend machen. Herr Kollege Khol! Damit sind die 9 000 S, auf die Sie angeblich verzichtet haben, mehr als kompensiert. – Dr. Khol ist immer so stolz darauf, daß er Tiroler Abgeordneter ist. Als Tiroler Abgeordneter wird er per saldo sogar mehr herausbekommen als die 9 000 S, auf die er verzichten möchte, wie er uns im Verfassungsausschuß – fast zu Tränen gerührt – geschildert hat.

So geht es weiter, meine Damen und Herren! Man hat in diesem Gesetz Regelungen getroffen, mit denen es sich die politische Kaste gerichtet hat, insbesondere jene "Oberpriester" dieser Kaste, die dieses Gesetz verhandelt haben. Ihre Privilegien, ihre Pensionen und Bezüge, bleiben unangetastet. Frau Schmidt gibt sogar selbst in einem Zeitungsinterview zu, daß sie von jetzt an mehr verdienen wird, obwohl sie das früher immer bestritten hat. Sie glaubt wohl, sie hätte eine gar so große Fraktion zu vertreten. Es wäre interessant gewesen, einmal eine Abstufung der Klubobmann-Gagen entsprechend der Fraktionsgröße vorzunehmen. (Abg. Dr. Schwimmer: Oder nach der Anwesenheit!) Aber daran hätte sich Frau Schmidt nicht mehr beteiligt, weil das zu Lasten der eigenen Taschen gegangen wäre, und dafür ist Frau Schmidt nicht zu haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man hat in dieses Gesetz überdies eine Unvereinbarkeitsregelung aufgenommen, die nur dazu dienen soll, den Abgeordneten als solchen in Zukunft der Willkür der Mehrheit auszuliefern. Darin ist sich die "Ampelkoalition" ebenfalls einig. Diese Regelung soll den Abgeordneten der Willkür der Mehrheit ausliefern, um mißliebige Abgeordnete in Zukunft aus dem Hohen Haus zu zwingen und damit den Wählerwillen im nachhinein im Sinne der großen Koalition zu reparieren.

Meine Damen und Herren! Das ist eine verfassungswidrige Bestimmung, der wir Freiheitlichen mit Sicherheit unsere Zustimmung verweigern werden, und zwar aus Achtung vor den Verfassungsprinzipien. Verfassungsprinzipien sind Ihnen ja nichts wert, das haben Sie im Ausschuß gezeigt. Sie gehen von einem formellen Verfassungsbegriff aus und sagen: Verfassungsprinzipien haben mich nicht zu interessieren. Es geht um Verfassungsprinzipien, die hier in unglaublicher Weise gebogen und – wie ich behaupte – sogar gebrochen werden.

Meine Damen und Herren, vor allem von der Sozialdemokratischen Partei! Letztlich ist es doppelzüngig, wenn Ihre eigenen Landesorganisationen für die Länder eine Bezügepyramide verlangen, wie das die Vorarlberger Sozialdemokraten getan haben. Sie haben ein Dreieck konstruiert, das eine Pyramide darstellen soll. (Der Redner zeigt ein Blatt Papier.) Darin haben die Sozialdemokraten aufgelistet, wie der Landeshauptmann, der Landeshauptmann-Stellvertreter und die Landesräte abgestuft werden. Diese Beträge liegen deutlich unter denen, die Sie selbst beschließen. In den Ländern verlangen Sie lauthals eine Senkung der Politikergagen – im Einklang mit den Forderungen der FPÖ. Es ist nämlich genau das Modell der FPÖ, das die Sozialisten in Vorarlberg in dieser Darstellung abgeschrieben haben. Kaum aber sind Sie in Wien, wird zugestimmt.

Herr Kollege Lackner, ich werde mir heute anschauen, wie du abstimmst! In Vorarlberg hat der sozialistische Vertreter dieses Modell mitbeschlossen, das deckungsgleich mit dem FPÖ-Modell ist; heute hingegen wird er das Koalitionsmodell mitbeschließen, zusammen mit den beiden sogenannten Oppositionsparteien Grüne und Liberale, und sich damit weiter in die eigenen Taschen wirtschaften. Das nenne ich doppelzüngig, Herr Kollege Lackner! (Abg. Dr. Partik-


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