Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 112

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Sie von der ÖVP haben das hier angekündigt, Sie haben es öffentlich angekündigt, Sie haben es aus dem Anlaßfall und in diesem großen Zorn, den Sie hatten, weil Sie vom damaligen Bundesfinanzminister auf wirklich elegante Art und Weise über den Tisch gezogen wurden, was selbstverständlich schmerzhaft war, thematisiert.

Seit damals, meine Damen und Herren von der ÖVP, hören wir aber darüber nichts mehr von Ihnen, obwohl die Zustände nicht besser geworden sind. Im Gegenteil: Sie sind nicht nur schlechter geworden, sondern sie wurden durch den tragischen Freitod, durch den tragischen Selbstmord einer jener Persönlichkeiten der österreichischen Wirtschaft – und so viele gibt es ja nicht, Österreich ist ein kleines Land – sozusagen noch einmal geradezu dramaturgisch aufgebaut. Denn dramatischer und deutlicher als dadurch, daß jemand aus dem Leben scheidet, weil er mit diesen Zuständen und mit den Begleiterscheinungen, die diese Zustände mit sich bringen, nicht einverstanden ist, weil er sich unter Druck gesetzt fühlt, weil er unbefriedigende Arbeitsbedingungen befürchten mußte, kann man diesen Mißstand beim besten Willen wirklich nicht mehr zeigen.

Daher, meine Damen und Herren, erinnere ich heute mit dieser kurzen Debatte daran, daß es – unabhängig von diesen aktuellen Ereignissen der letzten Tage und Wochen – schon lange einen Antrag der Liberalen gibt, der der Ausschußberatungen harrt und der darauf ausgerichtet ist, diesen öffentlichen Einfluß auf Finanzdienstleistungsunternehmungen – unerheblich, ob es Sparkassen, Hypothekenanstalten, Aktienbanken oder andere Rechtsformen sind – zu beseitigen.

Wir glauben, daß diese Debatte in Österreich geführt werden muß. Ich konnte Ihnen gestern anläßlich des Dringlichen Antrages der Freiheitlichen ja schon einmal sagen: Am liebsten ist den Funktionären – unerheblich, welche Farbe sie haben – das "eigentümerlose" Gut, denn das gehört ihnen quasi selbst. Sie wissen, meine Damen und Herren, das hat Tradition in Österreich – 175 Jahre lange Tradition –, und ich habe auch gar nichts dagegen, aber in der Zwischenzeit sind das Wirtschaftsunternehmungen geworden, Finanzdienstleister geworden, die Schlüsselpositionen innerhalb der österreichischen Wirtschaft einnehmen. Es ist ja nicht mehr so, daß das kleine Unternehmungen wären, bei denen man sagen kann, da sollen sich ein paar aufrechte Patrioten selbstlos zusammentun und eine Sparkasse führen. Die Sparkassen bilden heute ein Rückgrat der österreichischen Finanzwirtschaft, und ich glaube, wir sollten dafür sorgen, daß ihnen ein adäquates, zeitgemäßes Gesetz gegeben wird – und nicht das Sparkassengesetz, das 175 Jahre alt ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber das gilt nicht nur für die Sparkassen. Wir wissen das auch von den Landeshypothekenanstalten, wir wissen auch um den Mißbrauch und um die Fehlleistungen, die in diesem Bereich aufgetreten sind und immer noch auftreten. Und so wie in allen anderen Bereichen der Wirtschaft müssen wir auch bei den Finanzdienstleitern sagen: Der Staat – somit die öffentliche Hand – ist kein fähiger Unternehmer oder Eigentümer. Er hat in diesem Bereich nichts verloren, also möge er sich doch zurückziehen!

Noch einmal zu Ihnen, meine Damen und Herren von der ÖVP: Sie haben ja selbst gesagt, Sie werden es nicht dulden, daß die Gemeinde Wien die Bank Austria plus Creditanstalt und Anhang, die größte, die mit Abstand die größte, die dominierende österreichische Bank, in Geiselhaft der Sekretäre nimmt. Sie haben es doch gesagt, Frau Kollegin Frieser. Sie waren doch da und haben gesagt, das wird sich die ÖVP nicht gefallen lassen, daß die SPÖ über ihre Sekretäre und über ihre krakenartigen Arme überall, in jeder einzelnen Unternehmung, bei jedem einzelnen Kreditnehmer, bei jedem einzelnen Infrastrukturprojekt ihre Finger drinnen hat und dort parteipolitisch agiert!

Wo ist Ihr Mut, dieses Thema zu aktualisieren, diese Situation zu ändern? Wo ist Ihre Bereitschaft, einzugreifen und zu sagen: Wir wollen die österreichischen Finanzdienstleister frei von Parteieinfluß gestalten!? Sagen Sie es mir! Und wenn Sie diesen Mut noch nicht haben, dann lassen Sie sich von mir ermutigen! Willigen Sie ein, daß wir über diesen Antrag der Liberalen im Finanzausschuß debattieren! Er ist ein Ansatz dazu, und dann werden wir sehen, ob wir nicht doch vielleicht zu einer gemeinsamen Überzeugung, zu einer gemeinsamen Linie kommen.


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