Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 46

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erinnern. In dieser gab Herr Minister Schlögl zu, daß in den vergangenen Jahren eine gigantische Zuwanderung nach Österreich stattgefunden hat, wobei die Betonung auf "gigantisch" gelegen ist. Und er hat das auch gleich belegt: Im Jahr 1975 waren es 220 000 Ausländer, die in Österreich gelebt haben, jetzt sind es über 720 000, wobei die Illegalen, die auf eine Größenordnung von 100 000 bis 400 000 geschätzt wurden, nicht eingerechnet sind.

Herr Minister! Sie haben damit in seltener Ehrlichkeit die dramatische Lage, in der sich Österreich durch diesen Zuzug befindet, dargestellt, aber ich vermisse, daß daraus auch Konsequenzen gezogen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese dramatische Zuwanderung nach Österreich, diese von Ihnen als "gigantisch" bezeichnete Zuwanderung hätte eigentlich zur Konsequenz haben müssen, daß Sie hier eine Regierungsvorlage vorlegen, die eine drastische Einschränkung der Zuwanderung, ja in Wirklichkeit eine Nulleinwanderung vorsieht. Tatsächlich ist es aber so, daß Sie den Weg, den Ihr Vorgänger, Herr Innenminister Einem, begonnen hat, nämlich eine Lockerung der Zuwanderung durch Familiennachzug, fortführen. Und das begreife ich nicht. Obwohl Sie den Ernst der Lage erkannt haben, setzen Sie diese unheilvolle Politik des Ministers Einem fort. Aber ich sage Ihnen, Herr Minister: Die Mehrheit der Bevölkerung steht sicherlich nicht auf Ihrer Seite. Und das sage ich auch Ihnen von SPÖ und ÖVP.

Es gab eine Umfrage des IMAS-Instituts, die besagte, daß 62 Prozent der Bevölkerung gegen mehr Ausländer sind. Nur noch 15 Prozent der Österreicher sagen, daß wir zuwenig Ausländer haben und daß die Fremdengesetze als zu streng gelten. 42 Prozent der Österreicher empfinden auch jene Ausländer, die aus den osteuropäischen Staaten gekommen sind, als Belastung. Als Fazit dieser Untersuchung zieht IMAS-Chef Kirchhofer, daß eine Liberalisierung der Ausländergesetze somit zweifellos eine von der öffentlichen Meinung nicht gedeckte, ja sogar gegen sie gerichtete Maßnahme wäre.

Trotzdem lockern Sie die Fremdengesetze, meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit halten Sie die Tore Österreichs weiterhin offen für Ausländer, und Sie bieten – das geben Sie ja auch zu, darüber gibt es nur noch einen Streit zwischen ÖVP und SPÖ – die Möglichkeit, daß ungefähr 10 000 Neuzuwanderer nach Österreich kommen. Damit werden natürlich alle Probleme, die wir jetzt schon haben, noch verschärft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich verstehe überhaupt nicht, Herr Minister, daß Sie dieser Entwicklung durch diese Regierungsvorlage keinen Riegel vorgeschoben haben. Und eines möchte ich Ihnen auch noch sagen: Besonders verwerflich in dieser gesamten Diskussion erscheint mir, daß Sie diese Fremdengesetze unter den Titel stellen: Integration vor Neuzuzug. Damit wollen Sie der Bevölkerung treuherzig versichern, daß keine neuen Einwanderer nach Österreich kommen, sondern man nur versucht, die schon hier in Österreich lebenden zu integrieren. Das ist jedoch nicht der Fall, denn durch den Familiennachzug kommen laufend neue Ausländer nach Österreich. Das verschweigen Sie in verwerflicher Weise der österreichischen Bevölkerung. Damit streuen Sie ihr sprichwörtlich Sand in die Augen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie machen das ja schon sehr lange. Je nachdem, wie es Ihnen gerade in den Kram paßt, fordern Sie einmal, daß die Ausländergesetze strenger gefaßt werden sollen, und ein anderes Mal, daß sie wieder gelockert werden sollen. Dies zeigt sich besonders, wenn Wahlen vor der Tür stehen. Nur: Die Österreicher kommen Ihnen schön langsam drauf, welches Spiel Sie mit ihnen spielen.

Vor Wahlen merkt man immer, daß Sie Schuldeinsicht zeigen. So hat beispielsweise Bürgermeister Häupl in einer Selbstgeißelungsaktion sondergleichen vor den letzten Wahlen gesagt: Wir waren zu sorglos beim Ausländerzuzug. Er hat damit ein klares Bekenntnis zu den sogenannten Löschnak-Gesetzen abgelegt. Aber jetzt wollen Sie offensichtlich nichts mehr davon wissen, daß diese Löschnak-Gesetze gut waren. Vor der Wahl im Jahr 1996 hat auch Herr Abgeordneter Cap gesagt: Es wird kein Abweichen von den Löschnak-Gesetzen geben, solange all diese Probleme auf dem Arbeitsmarkt und dem Wohnungsmarkt existieren. Damals und besonders vor den Wiener Wahlen haben Sie Angst gehabt, daß Ihnen die Felle davon


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