Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 82

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Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung beziehungsweise der zuständige Bundesminister möge sich im EU-Rat und in anderen relevanten EU-Gremien für ein EU-weit einheitliches materielles Asylrecht einsetzen, das den Mindeststandards, wie sie vom UN-Flüchtlingshochkommissariat definiert werden, entspricht:

Insbesondere müssen folgende Bedingungen erfüllt werden:

Asylanträge dürfen nur dann als "offensichtlich unbegründet" abgewiesen werden, wenn sie in eindeutig betrügerischer Absicht gestellt wurden oder nicht relevant im Sinne der Kriterien für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft sind.

Flüchtlingen darf nur dann ein Asylverfahren wegen Herkunft aus einem "sicheren Drittland" verweigert werden, wenn im Einzelfall sichergestellt ist, daß in dem betreffenden Drittstaat ein Asylverfahren nach grundlegenden humanitären Mindeststandards durchgeführt wird, und dieser die Zustimmung zur Rückübernahme gibt.

Die Bestimmungen des Non-Refoulement-Gebotes müssen im Sinne des Artikel 33 Absatz 1 der Genfer Konvention 1951 und der darauf Bezug nehmenden EXCOM-Beschlüsse des UNHCR (insbesondere der Nummern 6 und 22) ausgelegt werden.

Die Auslegung und Anwendung des Artikels 1 der Genfer Flüchtlingskonvention darf nicht dahin gehend beschränkt werden, daß ausschließlich Verfolgung durch den Staat anerkannt wird, sondern es muß sichergestellt werden, daß auch nichtstaatliche Verfolgung, etwa durch Bürgerkriegsparteien, zur Zuerkennung des Flüchtlingsstatus führen kann."

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Das, meine Damen und Herren, wäre aus unserer Sicht wohl das mindeste, was gefordert werden muß. Das wären die Mindeststandards, die wir von einem einheitlichen Asylrecht auf europäischer Ebene erwarten, und das wären auch jene Voraussetzungen, unter denen Österreich seine langjährige Tradition als Asylland weiterhin fortsetzen kann. Meine Damen und Herren! Ich ersuche Sie daher um Ihre Zustimmung. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Moser hat zwei Entschließungsanträge vorgetragen, die beide ordnungsgemäß eingebracht wurden und in die Verhandlung mit einbezogen werden.

Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Reitsamer gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.57

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich verfolge diese Debatte seit zweieinhalb Stunden. Den einen ist das, was heute beschlossen wird, viel zuwenig, den anderen ist es zuviel. Herr Abgeordneter Jung hat sich überhaupt dazu verstiegen, die Situation so darzustellen, als hätten wir jetzt die Grenzen offen und die Regierungsparteien stünden mit einem Prügel dahinter und jagten alles herein, was sich leider noch draußen befindet. – Ich kann dieser Argumentation nicht folgen, aber das muß ja auch nicht sein; das spricht wahrscheinlich sogar für mich.

Dieses Thema war den Sozialdemokraten immer ein Anliegen. Wenn wir ausländische Mitbürger ins Land geholt haben, waren wir uns der Verantwortung bewußt, daß wir ihnen auch Arbeit, Wohnung, Ausbildungsmöglichkeiten für ihre Kinder und anderes mehr geben müssen. Ein jahrelanges parteipolitisches Hickhack und ein Gegeneinander-Ausspielen von bereits im Land


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