Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 92

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Bevölkerungsgruppen, etwa die Studenten, aus der Quote ausgenommen werden, und in dem Sie einer Familienzusammenführung das Wort reden, obwohl wir wissen – und auch der Herr Minister hat das zugegeben –, daß 100 000 weitere Familienangehörige darauf warten, nach Österreich kommen zu können?

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Wenn das Ihr Grundsatz ist, dann können Sie doch einem derartigen Gesetz nicht Ihre Zustimmung geben, sondern dann müßten Sie gemeinsam mit uns die Linie verfolgen, einen Zuwanderungsstopp zu verfügen, bis diese Parameter der Integration wieder eingehalten sind, bis wieder genug Arbeitsplätze vorhanden sind (Beifall bei den Freiheitlichen), bis die Wohnungsnot vor allem in Wien bekämpft ist und bis wir auch in der Schulsituation eine Verbesserung haben.

Denn das kann doch mit Integration nicht gemeint sein, daß wir schon die Österreicher bei den Zuwanderern integrieren müssen, wenn wir etwa im 15. Bezirk Schulklassen mit 70, 80 und mehr Prozent Ausländeranteil haben.

Weiters wird in diesem Gesetz die Aufenthaltsverfestigung geregelt. Wenn jemand etwa kriminell wird und sich schon eine gewisse Anzahl von Jahren in Österreich befindet, dann kann er nicht mehr abgeschoben werden. Meine Damen und Herren! Die Wünsche der Bevölkerung an uns lauten doch ganz anders. Kein Mensch sagt: Ausländer raus!, niemand sagt das, auch nicht in der Bevölkerung, aber die Leute verlangen von uns als politische Repräsentanten, daß wir für geordnete Zustände sorgen. Und die Frage der illegalen und auch der kriminellen Ausländer ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Problem. Die Probleme machen nicht die integrierten Gastarbeiter, das wissen wir alle ganz genau, im Gegenteil, die leiden auch unter einer derartigen Politik, mit der eben die Mißstände in diesem Bereich nicht beseitigt werden. Und mit der in diesem Gesetz verankerten Aufenthaltsverfestigung werden diese Mißstände noch zementiert anstatt beseitigt.

Noch ein Beispiel aus meinem Bezirk, damit man sieht, welche Probleme es in Wien diesbezüglich gibt: Der 15. Bezirk hatte vor 30 Jahren 100 000 Einwohner und einen Ausländeranteil von 1 Prozent. Heute hat er etwas mehr als 60 000 Einwohner, und der Ausländeranteil beträgt 40 Prozent. Was sich hier innerhalb von 30 Jahren bewegt hat, allein an Bevölkerungsgruppen innerhalb Wiens, was sich hier an Infrastruktur verschlechtert hat, das ist unglaublich.

Ich habe vor kurzem in einem Antrag in der Bezirksvertretung im 15. Bezirk gelesen, man müsse etwas gegen die Slum-Bildung in der Gürtelregion machen. Meine Damen und Herren! Als die Freiheitlichen noch vor wenigen Jahren vor so einer Entwicklung gewarnt haben, sind wir noch beschimpft worden als die großen Skandalisierer, als die Populisten. Heute, wo es zu spät ist, kommen Sie daher und versuchen, etwas zu reparieren, was Sie kaputtgemacht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein Gebiet Wiens mit vielen Zehntausenden Einwohnern haben Sie kaputtgemacht. Heute versuchen Sie, etwas zu reparieren, was nicht mehr zu reparieren ist. Wenn Sie unserer Politik vor fünf, vor zehn Jahren gefolgt wären, als wir gesagt haben: Aufnahme von Ausländern nur insoweit, als sie wirklich integrierbar sind!, dann hätten wir heute diese Probleme nicht.

Ein Letztes zur Frage der Asylpolitik: Es wurde heute eigentlich noch wenig auf die Problematik der bosnischen Flüchtlinge eingegangen. Es wird immer gesagt, grundsätzlich sollten sie schon zurückkehren, aber sie haben sich integriert, haben Arbeit und wollen nicht mehr zurück.

Ich gebe Ihnen eines zu bedenken, meine Damen und Herren: Wir alle waren uns hier einig – nicht nur wir im Parlament, sondern auch breite Schichten der Bevölkerung –, daß man geschundenen, verfolgten Menschen Hilfe leisten muß – nicht soll, sondern muß. So war das nicht nur 1956 bei der Ungarn-Krise, sondern auch 1968 bei der Krise in der Tschechoslowakei und selbstverständlich auch in den neunziger Jahren, als in unserer unmittelbaren Nachbarschaft Menschen an Leib und Leben verfolgt worden sind. Und wir alle haben zugestimmt, daß wir Österreicher die Verpflichtung haben, Flüchtlinge aufzunehmen. Aber die Bedingung – und auch hierüber waren wir uns einig – war, daß diese Menschen, die wir aufgenommen haben, dann, wenn sich die Zustände in ihrer Heimat bessern, wieder zurückkehren müssen.


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