Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 126

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Anfrage sehr ausführlich umschrieben haben, kann ich mich jetzt durchaus sozusagen auf Überschriften beschränken, zumal ja auch noch eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen das Wort ergreifen wird.

An erster Stelle steht für uns: Das Bildungsziel ist neu zu definieren. Wir meinen, daß eine Abkehr vom reinen Vermitteln von Wissen und von Fakten hin zur Persönlichkeitsbildung das wesentlichste Element einer Änderung dieser Strukturen bedeutet. Wir meinen, daß das am besten in einer gemeinsamen Schule der 10- bis 14jährigen – mit einer inneren Differenzierung – erfolgen kann. Ich kenne auch hier wieder die Reflexe der einen Hälfte dieses Parlaments: Das Schlagwort "Gesamtschule" hat jede vernünftige Diskussion in der Vergangenheit abgewürgt, ein ideologisch besetzter Begriff, bei dem man sich mit den verschiedenen Konzeptionen und Inhalten eines solchen Modells überhaupt nicht mehr auseinandergesetzt hat, wie ja überhaupt unsere Bildungsdiskussion immer nur von diesen Schlüsselworten bestimmt ist, ohne sich dann mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Das gleiche war ja auch bei der Ganztagsschule beziehungsweise bei der Tagesheimschule der Fall, ehe man sich aus diesen ideologischen Grabenkämpfen herausgewunden und beides angeboten und die Wahl gefälligst den Eltern und den Schülerinnen und Schülern überlassen hätte. Aber das waren die typischen Kennzeichen der bisherigen Bildungsdiskussion.

Wir meinen jedenfalls, daß die Diskussion über die gemeinsame Schule der 10- bis 14jährigen notwendig ist, um auf diesem Wege zu einer anderen Persönlichkeitsentwicklung zu kommen und den einzelnen Schülerinnen und Schülern die Chance zu geben, ihren Fähigkeiten und ihrem Entwicklungsstand entsprechend ihre Neigungen auszubauen und damit neben dem Wissen auch ihre Persönlichkeit zu forcieren und zu formen.

Der dritte Punkt, von dem wir meinen, daß er ein wichtiges Instrumentarium wäre, ist eine ganzheitliche Leistungsbeurteilung statt der Ziffernnoten. Ich weiß schon, da kommen dann auch wieder – die Kollegin Rauch-Kallat hat das sofort getan – diese Reflexe. Es sind nämlich keine Argumente, sondern nur Reflexe. Sie tun geradezu so, als wäre das nivellierend, als würde man damit eine Leistungsbeurteilung überhaupt unmöglich machen. Genau das Gegenteil ist der Fall! Wenn Sie sich je damit auseinandergesetzt und Studien darüber gelesen haben, werden Sie gemerkt haben, daß dieses Ziffernsystem von 1 bis 5, von unterschiedlichen Lehrern gebraucht, völlig unterschiedliche Ergebnisse bringt und daß daher eine scheinbar objektivierte Vergleichbarkeit überhaupt nicht gegeben ist, und zwar selbst in Gegenständen wie Mathematik.

Ich gestehe ehrlich: Ich hätte mir das gar nicht vorstellen können. Meine Vorstellungswelt war so, daß ich mir gedacht habe, in Deutsch kann es schon sein, daß unterschiedlich beurteilt wird. Aber nein, auch in Gegenständen, für die – scheinbar – klare Kriterien vorliegen, findet man unterschiedliche Beurteilungen von unterschiedlichen Lehrern in der Notenskala zwischen 1 und 5. – Also kommen Sie nicht mit dem Argument, daß da eine Vergleichbarkeit gegeben wäre, hingegen bei einer verbalen Beurteilung nicht. Ganz im Gegenteil! Bei einer umfassenderen Leistungsbeurteilung, die ja nicht nur die verbale an sich ist, sondern die zum Beispiel durch Pensenbücher – diejenigen, die sich damit befaßt haben, werden wissen, was das ist –, durch direkte Leistungsvorlage stattfindet, gibt es sowohl den Leistungsanreiz bei Schülerinnen und Schülern als auch dann das Bereitsein für den Arbeitsmarkt.

Im übrigen gibt es heute kaum mehr ein größeres Unternehmen, das sich auf ein Zeugnis mit irgendwelchen Ziffern verläßt, sondern selbstverständlich auch Tests durchführt. Die Frage ist, ob man sich das dann nicht ersparen könnte, wenn man aufgrund einer solchen Leistungsbeurteilung bereits eine Grundlage hätte. Eine derartige ganzheitliche Leistungsbeurteilung ist unserer Meinung nach ein ganz wesentlicher Schlüssel, um auch einen anderen Geist in das Schulwesen hineinzubringen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Der verstärkte Einsatz neuer Medien im Unterrichtswesen sollte eine Selbstverständlichkeit sein; etwas, was allerdings nicht durchgeführt wird. Daß eine engere Verzahnung zwischen Schule und Wirtschaft notwendig ist, wird wohl niemand bestreiten. Nur: Es genügt nicht, das zu sagen, sondern es ist auch notwendig, die entsprechenden Maßnahmen dafür zu ergreifen.


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